8 Tricks, die sich ManagerInnen von Marcel Koller abschauen können

17. Mai 2016

Erfolgreiches Führen ist im Fußball und in Unternehmen oft sehr ähnlich

Von Prof. Helmut Kasper

Marcel Koller hat im österreichischen Fußball geschafft, was vor ihm noch keiner zu Stande gebracht hat: Die österreichische National-Elf zählt zu den 11 besten Mannschaften der Welt. Aber was unterscheidet ihn von seinen Vorgängern? Marcel Koller begeistert und weckt Emotionen. Er sagt, wo es lang geht und trifft transparente Entscheidungen. Für sein Team geht er mit gutem Beispiel voran und coacht jeden Spieler so, als wäre er der einzige. Dabei versteht er es wie kaum ein anderer, anspruchsvolle Einzelkämpfer zu einem Team zusammenzuschweißen. Marcel Koller ist Führungskraft in Reinkultur.

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CC By SA 3.0 by Steindy

Prof. Helmut Kasper, Wissenschaftlicher Leiter des Executive MBA PGM an der WU Executive Academy und leidenschaftlicher Fußballfan, beschäftigt sich seit vielen Jahren mit den Parallelen zwischen Spitzensport und Top-Management. Anlässlich der Fußball Europameisterschaft 2016 beschreibt er 8 ganz besondere Führungsstärken von Marcel Koller, die nicht nur im Fußball, sondern auch in Unternehmen hervorragend funktionieren.

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1. Marcel Koller entfacht Emotionen und begeistert.

Hochmotiviert kann nur jemand sein, der wirklich Freude an dem hat, was er macht. Das weiß auch Marcel Koller. Positive Emotionen, Leidenschaft und Begeisterung spornen Menschen zu Höchstleistungen an, nicht Angst, Druck oder gar ständige Kontrollen.

„Emotionen wirken wie ein Turbo auf die eigene Motivation. Sie beeinflussen Einstellung und Wertehaltungen eines Menschen dauerhaft. Wer das beachtet, seinen MitarbeiterInnen vertraut und ihnen Verantwortung überträgt, wird mit besonderer Leistungsbereitschaft und Top-Einsatz belohnt werden“, so Prof. Helmut Kasper.

Marcel Koller
Marcel Koller, Teamchef der österreichischen Fußballnationalmannschaft. Foto: CC By SA 3.0 by Steindy

2. Marcel Koller macht aus Einzelstars ein echtes Team.

Gemeinsam sind wir stark! Selten wurde diese Binsenweisheit einem Millionenpublikum so intensiv vor Augen geführt wie während der Qualifikation der österreichischen Nationalmannschaft zur Euro 2016. Marcel Koller ist es gelungen, aus lauter Einzelstars ein echtes Team zusammenzuschweißen, das diesen Namen auch verdient. Er kennt die Stärken und die Schwächen jedes einzelnen Spielers ganz genau und versteht es, die Mannschaft auf das gemeinsame Ziel einzuschwören. Um aber wirkliche Spitzenleistungen abrufen zu können, ist es zu wenig, die Stärken der Einzelspieler zusammenzuzählen. Das Ganze ist mehr als die Summe von Einzelleistungen. Was es braucht, ist ein Umfeld, in dem sich die Stärken potenzieren.

„Genau das hat Koller geschafft. Superstars wie Alaba, Arnautovic, Dragovic, Fuchs oder Janko stacheln sich regelmäßig zu Höchstleistungen an, weil sie in unterschiedlichen Positionen spielen und den anderen keine Kompetenzen streitig machen. Im Gegenteil, sie ergänzen sich harmonisch. Nur so ist es möglich, dass ausgeprägte Persönlichkeiten gemeinsam an einem Strang ziehen, ohne sich laufend übertreffen zu wollen und in eine hysterische Konkurrenz zu verfallen.

Das gilt auch für Unternehmen: Zu viele „Alphas“ im Team können zu Problemen führen. Wenn sie aber in unterschiedlichen Funktionen tätig sind, kann sich das extrem positiv auf die gesamte Performance auswirken“, sagt Prof. Helmut Kasper.

3. Marcel Koller hat eine besondere Ausstrahlung und ist Vorbild für sein Team.

Charisma ist nicht etwas, das man von vornherein hat, man muss es sich erarbeiten. Charisma wird einem von den Menschen gegeben. Marcel Koller hat hart dafür gearbeitet. Seine Spieler respektieren ihn nicht nur wegen seiner fachlichen Kompetenz als Trainer, sondern auch wegen seinem selbstbewussten Auftreten. Koller lebt genau das vor, was er sich auch von seinem Team erwartet.

Prof. Kasper: „Die Mannschaft respektiert ihn dafür und das schafft zusätzlich noch ein tiefes Vertrauensverhältnis. Dieses symbolische Management, das von hoher Fachkompetenz, sicherem Auftreten und einer bodenständigen Art gekennzeichnet ist, macht auch eine Top-Führungskraft aus.“

4. Marcel Koller fördert die persönliche Entwicklung und die Kreativität.

Empowerment heißt hier Marcel Kollers Zauberwort. Kaum etwas ist ihm wichtiger, als die Individualität seiner Spieler zu fördern, ihnen den wichtigen Freiraum am Spielfeld – aber auch abseits davon – zu geben und sie zu ermutigen, Eigenverantwortung zu übernehmen.

„Jeder von uns möchte gefordert werden, sich verbessern und gute Leistungen bringen. Wenn uns etwas gelingt und wir auch das entsprechende Feedback bekommen, setzt das eine Eigendynamik in Gang: Je mehr wir voranbringen, desto größer wird unsere Bereitschaft, uns zukünftig noch mehr anzustrengen und uns noch höhere Ziele zu stecken.  Der Anspruch an uns selbst steigt erheblich“, so Prof. Kasper.

5. Marcel Koller nimmt sich Zeit für den Einzelnen.

Koller ist Meister darin, auf die individuellen Bedürfnisse seiner Spieler einzugehen. Kaum ein anderer Trainer nimmt sich so viel Zeit für das bilaterale Gespräch. Und das hat einen guten Grund: Jeder Spieler hat eine Eigenlogik (er „tickt“ anders), jeder möchte individuell „abgeholt“ werden.

Diese Zeit sei aber sehr gut investiert, meint Prof. Kasper: „Je mehr man sich im Team auf den einzelnen fokussiert, desto mehr bekommt man zurück. Der Spieler empfindet das als besondere Wertschätzung und ist noch mehr bereit, alles zu geben. Auch bei Change-Prozessen in Unternehmen ist das Einzelgespräch eines der erfolgreichsten Tools überhaupt, um MitarbeiterInnen für eine notwendige Veränderung zu sensibilisieren. In der Praxis ist es oft leider so, dass MitarbeiterInnen von ihren ChefInnen nur dann Aufmerksamkeit bekommen, wenn etwas nicht funktioniert. Die Strategie sollte genau umgekehrt sein: Widmen Sie sich gezielt jenen Bereichen, die besonders gut funktionieren. Sie werden sehen, es zahlt sich aus.“

6. Marcel Koller hat eine klare Vision und trifft Entscheidungen.

Marcel Koller weiß, was er will. Er weiß aber auch ganz klar, was er nicht will. Genau das erlaubt es ihm, seinen Spielern klare und gleichzeitig herausfordernde Ziele zu stecken und sie auch dafür zu begeistern. Somit weiß jeder genau, welchen Part er zu spielen bzw. zu leisten hat. Außerdem scheut Koller nicht vor Entscheidungen zurück. Jedes Spiel ist neu, erfordert exakte Vorbereitung, Fleiß und eine neue Strategie. Hier ist es notwendig, schnell zu reagieren.

„Auch für ManagerInnen gilt, keine Entscheidung zu treffen, ist in jedem Fall ein Fehler. Viele Unternehmen scheitern deshalb, weil wichtige Entscheidungen unnötig verzögert werden, da sich die Verantwortlichen nicht committen wollen oder können. Deshalb sollten Führungskräfte auch in schwierigen Zeiten Vertrauen in die von ihnen gewählte Strategie haben und diese auch konsequent verfolgen. Herumeiern bringt weder im Fußball noch in der Wirtschaft etwas.“

7. Marcel Koller setzt auf Transparenz und Kommunikation.

Wenn Marcel Koller eine Entscheidung trifft, dann weiß jeder genau, warum er das tut. Das zwischenmenschliche Miteinander ist Koller wichtig, es geht ihm dabei um Glaubwürdigkeit, Authentizität und Respekt. Deshalb bezieht er seine Spieler immer in all seine Entscheidungen ein und nimmt sich viel Zeit, das „Warum“ dahinter zu erklären.

Prof. Kasper: „Egal, ob Sie als Führungskraft eher den anachronistischen Stil eines „bad cop“, oder den Stil eines ‚good guy‘ mit Ihren MitarbeiterInnen fahren, worum es geht, ist die Nachvollziehbarkeit Ihrer Entscheidungen, wobei sowohl im Fußball als auch im Business ‚bad cops‘ passé sind. Wissenschaftlich nachweisbar führt „Motivation“ durch Drohung und Angst à la long zu massivem Leistungsabfall und zum Verlust des Selbstvertrauens der Akteure!“

8. Marcel Koller und die Spieler sind auf gleicher Augenhöhe.

Koller umgibt sich nicht mit einem merkwürdigen Trainerkult, bei dem der Trainer zur Figur geworden ist und der Sportler zum Vollidioten degradiert wird – so wie das heute gerne medial dargestellt wird. Vielmehr sind die Spieler auf gleicher Augenhöhe.

Prof. Kasper: „Das ist weder im Sport noch beim Management von Unternehmen eine Selbstverständlichkeit. Es entspricht aber der wechselseitigen Wertschätzung und dem Respekt, die Führungskräfte den Teammitgliedern unbedingt entgegen zu bringen haben, wenn sie Spitzenleistungen erwarten. Ohne Sozialromantiker zu sein: Diese entstehen nur durch den interaktiven, kooperativen Umgang - und nicht durch einen autoritären, der unweigerlich zu Demotivation und Frustration führt.

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