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Aktuelles Forschungsprojekt: Wann Diversität forciert werden sollte, und wann besser nicht
Die Fußball-Europameisterschaft 2020 ist Geschichte, zumindest für dieses Jahr. Was jedoch nicht an Aktualität verloren hat, sind die auffallenden Parallelen zwischen Fußball und Unternehmen, wenn es um eine Frage geht: Ist Diversität in Teams gut oder schlecht? „Es kommt darauf an“, sagt Prof. Jonas Puck, wissenschaftlicher Leiter des Executive MBA Energy Management. Worauf es – im Fußball wie im Business – ankommt und was sich Führungskräfte bei ihrer Team-Zusammensetzung strategisch von der „wichtigsten Nebensache der Welt“ abschauen können, hat sich der WU-Experte mit seinem Team in ihrem neuesten Forschungsprojekt angesehen.
Studien belegen eindrucksvoll: Diversität in Teams führt zu mehr Kreativität, mehr Innovation, neuen Gedanken und Lösungen von komplexen Problemen. Studien zeigen aber auch: Diversität führt zu aufreibender Kommunikation, zu Konflikten zwischen Teammitgliedern und dadurch auch zu längeren Entscheidungsprozessen. Was ist denn nun richtig?
Diversität in Teams werde in Studien ebenso als Vorteil wie auch als Nachteil gehandelt, bestätigt Jonas Puck, wissenschaftlicher Leiter des Executive MBA Energy Management und Professor für International Business der WU. Mit seinen Forscherkolleg*innen wollte er herausfinden, in welchen Fällen sich diverse Teams nun konkret positiv auf die Teamleistung auswirken und wann eher homogene Zusammensetzungen von Teams von Vorteil sind. „Leider ist hier kaum Echtzeitforschung mit realen Management-Teams möglich“, sagt Jonas Puck. Die perfekten Laborbedingungen für empirische Untersuchungen waren aber bald gefunden: im Fußball.
„Im Fußball können wir jedes Spiel, jedes Verhalten im Match und jede strategische Entscheidung direkt beobachten und mit Daten zu SpielerInnen und Spielständen aus Datenbanken abgleichen. Daraus lassen sich auch gezielt Schlüsse für das Management von Teams in Unternehmen ableiten,“ so Puck. Und: „Die Fußballspiele selbst sind ein Real-Life-Experiment: die Spiele haben immer dieselben Regeln, die Komplexität des Spiels nimmt aber zu, sobald ein Team ein Tor geschossen hat. Es muss dann nämlich sowohl offensiv als auch defensive Strategien ausbalancieren“, sagt der Business-Experte. Es ist im Übrigen nicht das erste Mal, dass Jonas Puck den Fußball als Labor für Wirtschaftsmechanismen beleuchtet: er hat sich auch mit der Frage beschäftigt, wie Fußballvereine erfolgreiche Internationalisierungsstrategien umsetzen können.
Diversitätsmanagement kann im Fußball einfach aktiv eingesetzt werden: Die Fußballtrainer*innen können die Diversität des Teams direkt beeinflussen, indem sie Spieler*innen austauschen. Dadurch konnten die Forscher*innen Auswirkungen auf den Spielerfolg analysieren und Wahrscheinlichkeiten von Verhalten und Reaktionen der gegnerischen Spieler*innen vorhersagen.
Daten über die Fußballvereine und Spieler*innen erhielten die Forscher über die Webseite transfermarkt.de. „Wir haben Daten von 75.500 SpielerInnen aus sechs nationalen Ligen ausgewertet: Großbritannien, Italien, Frankreich, Spanien, Deutschland und Portugal“, erzählt Jonas Puck. Spiele wurden aus den Saisonen der Jahre 2000 bis 2018 herangezogen. Ausgewählt wurden dabei Diversitäts-Kriterien wie Marktwert, Alter und Größe der jeweiligen Spieler*innen, aber auch Vertragslaufzeit und Herkunft, um die interkulturelle Diversität sichtbar zu machen.
Beobachtet haben Puck mit seinem Team vor allem die Performance der Teams, was Offensive, Defensive und die Gesamtperformance (Punkte-, Torstand) betrifft. Obwohl das Forschungsprojekt noch länger läuft, konnten erste vorläufige Erkenntnisse bereits abgeleitet werden, wie Jonas Puck berichtet:
Ein hoher durchschnittlicher Marktwert führt zu einer besseren Leistung in der Defensive und der Offensive. Die Aussage „Geld schießt keine Tore“ scheint also zumindest nicht absolut korrekt zu sein.
Im Schnitt führt eine hohe interkulturelle Diversität, also verschiedene Herkunft der Spieler*innen zu einer insgesamt besseren Team-Performance. Besonders in Bezug auf die Tordifferenz zeigt sich eine signifikant bessere Leistung des Teams.
Längere Vertragslaufzeiten der Spieler*innen führen ebenfalls zu einer signifikant besseren Leistung des Teams – besonders auffällig in Bezug auf das Defensiv-Spiel.
Generell zeigt sich – wenig überraschend – dass Vereine mit einem höheren durchschnittlichen Marktwert der Spieler*innen auch erfolgreicher sind. In Bezug auf Diversität lautet das Zwischenfazit der Forscher: „Teams, die im Rückstand liegen, benötigen mehr Kreativität: Sie müssen ihre Strategie ändern. Daher werden sie erfolgreicher, wenn Spieler*innen für mehr Diversität eingewechselt werden“, sagt Jonas Puck. Umgekehrt sollten Teams, die im Spiel vorne liegen, eher auf Stabilität und eine gute Defensive achten. „Dann benötigt man Spieler*innen, die sauber und einfach miteinander spielen und verhindern, dass der Gegner ein Tor schießt.“ Hier würde das Einwechseln in Richtung Diversität nur für Unruhe sorgen, Kontinuität sei wichtiger.
Für das Management in Unternehmen bedeutet das: Bei komplexen Aufgaben und Veränderungsprozessen wirken sich diverse Teams positiv aus. Sie führen zu mehr Kreativität, mehr Zug zum Tor, mehr Mut zum Risiko. Braucht man also bei unternehmerischen Fragestellungen neue Perspektiven und Ansätze, hat aber keinen erheblichen Zeitdruck, lohnt sich die „Einwechslung“ von Mitarbeiter*innen, deren Hintergrund sich von dem der anderen Teammitglieder erheblich unterscheidet. Will man aber mehr Stabilität und Kontinuität, nachdem sich die Wogen der Veränderung geglättet haben, sollte man auch die Diversität im jeweiligen Team wieder etwas herausnehmen.
Die Forschung im Fußball-Labor wird noch weitergehen: Mit weiteren Daten der StatsPerform/OPTA zu einzelnen Spielen und Spieler*innen wolle man bis Jahresende noch gezieltere Aussagen treffen, so Jonas Puck. Bisher haben die Forscher einen Rohdatensatz von 2500 Spielen analysiert.
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