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Bill Arnold über Herausforderungen für die Öl- & Gasindustrie und die Energie-Unabhängigkeit Europas
Neben exklusiven Company Visits bei Unternehmen wie Halliburton, Exxon Mobile oder Aramco Services kommt für die Studierenden des MBA Energy Management natürlich auch der Unterricht an amerikanischen Top-Universitäten nicht zu kurz. Während der letzten Residency kamen Sie in den Genuss von Prof. Bill Arnold, der nicht nur Professor für Energiemanagement an der Jones Graduate School of Business der Rice University ist, sondern auch als renommierter Government-Relations-Experte weltweit gefragt ist.
Im Interview spricht Bill Arnold über die globalen Herausforderungen in der Öl- und Gasindustrie, über Strategien, wie die führenden Branchenunternehmen qualifizierte Mitarbeiter gewinnen können und darüber, wie Europa aus energiepolitischer Sicht unabhängiger werden könnte.
Die Öl- und Gasindustrie sieht sich mit schwierigen Zeiten konfrontiert. Hunderte Unternehmen mussten Konkurs anmelden, andere waren zu Tarifsenkungen gezwungen und weltweit ist mehr als eine Million Arbeitsplätze verloren gegangen. Was sind die größten Herausforderungen, die Unternehmen zu meistern haben, um hoch qualifizierte MitarbeiterInnen für sich zu gewinnen?
In der US-amerikanischen Ölindustrie hat es einen gehörigen Aufschwung gegeben, wenngleich das Gesamtbild nach wie vor wesentlich von der Volatilität der Preise geprägt wird. Das Preisniveau in den USA liegt zwar rund $10 unter jenem der Brent-Märkte, aber deutlich über den Produktionsvollkosten. Der weltweite Verlust an Arbeitsplätzen in der Branche infolge des Abwärtstrends ging in die Hunderttausende und die Konkurse in den USA waren zahlreich. Viele der betroffenen Unternehmen wurden aber nicht liquidiert, sondern umstrukturiert, und zwar gerade rechtzeitig vor dem Aufschwung. Heute sind die USA mit täglich 11 Millionen Barrel der weltgrößte Erdölproduzent, gefolgt von Saudi-Arabien und Russland. Die größten Schwierigkeiten in den USA betreffen die Infrastruktur zur Vermarktung von Öl und Gas, die Arbeit und Arbeitskräfte in eher entlegenen Gegenden und Umweltfragen – vor allem solche mit Wasserbezug. Im Erdgassektor ist die Situation weniger robust und die Preise stagnieren. Erklären lässt sich das zum Teil damit, dass Erdgas oft gemeinsam mit Erdöl produziert wird und – egal wie hoch der gerade erzielbare Preis ist – abgesetzt werden muss, mitunter auch zum Nulltarif!
Was machen Unternehmen angesichts dieser schwierigen Situation? Wie sehen die langfristigen Strategien aus, mit denen sie hoch qualifizierte MitarbeiterInnen finden und binden wollen?
Die Unternehmen waren gezwungen, ihre betrieblichen Abläufe genauestens unter die Lupe zu nehmen, die Kosten zu drücken und Technologien effizienter einzusetzen. Das taten sie mit größerem Erfolg, als viele erwartet hätten. Zu ihrer Strategie gehörte auch eine harte Linie gegenüber AuftragnehmerInnen, die erst jetzt, nach dem dreijährigen Preiseinbruch, allmählich etwas von den Vorteilen zu spüren bekommen. Nirgendwo in der US-amerikanischen Wirtschaft ist das Lohn- und Gehaltsniveau höher als in der Ölindustrie, und das reicht von LKW-FahrerInnen im Permianischen Becken mit einem Jahresverdienst von über $100.000 bis hin zu hoch qualifiziertem Außendienst- und Fachpersonal. Eine der Lehren, die die Branche aus dem Abschwung gezogen hat, lautet, den MitarbeiterInnen vor Ort mehr Verantwortung zu übertragen. So ist es gelungen, zum einen die Kosten zu senken und zum anderen die Arbeitsmoral zu heben. Außerdem konzentriert sich die Branche auf Big Data. Gesammelt werden Daten seit geraumer Zeit, jetzt aber erkennt man, wie sich auf innovative Art und Weise operativer Nutzen daraus ziehen lässt. Bei der Suche nach dafür entsprechend qualifiziertem Personal konkurriert die Ölindustrie mit dem Silicon Valley um die besten Köpfe.
Letztes Jahr haben Sie im Zuge der internationalen Studienreise des MBA Energy Management einen Gastvortrag gehalten und dabei auch über US-amerikanische und europäische Sanktionen gegen Russland sowie das schwierige energiewirtschaftliche Abhängigkeitsverhältnis zwischen Russland als Lieferanten und Europa als Abnehmer gesprochen. Gibt es, denken Sie, für Europa irgendeinen Weg, energiepolitisch unabhängiger zu werden? Wie sehen mögliche Szenarien Ihrer Meinung nach aus? Was würden Sie den verantwortlichen EntscheidungstägerInnen raten?
Durch die Exporte von US-amerikanischem Flüssigerdgas (LNG) haben sich die Szenarien drastisch geändert, und zwar sowohl für die amerikanischen GasproduzentInnen als auch die europäischen ImporteurInnen. In der Vergangenheit war die Schaffung einer Infrastruktur für den Flüssigerdgasimport ein extrem kostspieliges (über $1 Milliarde teures) und zudem zeitaufwendiges Vorhaben. Aber dank FLNG-Technologie ist es einem Land wie Litauen möglich, hier mitzumischen und mit dem US-amerikanischen Energieunternehmen Cheniere Energy direkt über eine erste Lieferung zu verhandeln. Davon hat auch der Gazprom-Konzern Notiz genommen und in der Folge seine Europapreise gesenkt.
Der MBA Energy Management befasst sich unter anderen mit Themen wie der Energiewende und dessen wirtschaftlichen Implikationen. Für mehr Informationen über das Programm, klicken sie bitte hier.