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Noch mehr Führungsfehler aus der Welt des Kängurus
Im ersten Teil „Management by Känguru“ haben wir bereits einige der häufigsten Führungsfehler genauer unter die Lupe genommen. Management by Robinson, Management by Friedhofsgärtner oder Management by T.E.A.M. waren nur einige der bisweilen bizarren Leadership-Unzulänglichkeiten. Wer allerdings glaubt, dass es im Kaleidoskop der Leadership-Eitelkeiten nicht mehr viel zu bestaunen gibt, der irrt.
Im zweiten Teil wirft Martina Huemann, Akademische Leiterin des Executive MBA Strategic Project Management, erneut einen humorvollen Blick auf einige der weitverbreitetsten Führungsfehler, die Sie vermeiden sollten und beschreibt ernst gemeinte Weiterentwicklungsmöglichkeiten für die eigene Führungspraxis.
Nicht alles, was auf den ersten Blick funkelt, ist auch ein Diamant. Viele Menschen erreichen in ihrem Leben beträchtlichen beruflichen Erfolg. Manche heben sich deutlich von der Masse ab, weil sie nicht nur sehr kreativ, intelligent und risikobereit sind, sondern auch über die besondere Fähigkeit verfügen, komplexe Zusammenhänge schnell zu begreifen. Diese Fähigkeit geht in der Regel mit einem sehr beträchtlichen Erfolg einher. Leider gibt es aber auch eine Kehrseite der Medaille. Weil sie so erfolgreich sind, nehmen solche Menschen noch größere Strapazen auf sich, gehen noch größere Risiken ein usw. Genau hier kommt ein Momentum in Gang, bei dem zu Beginn noch alles wunderbar und erfolgreich aussieht, sich im Hintergrund jedoch eine Abwärtsspirale zu drehen beginnt, die ab einem gewissen Moment kaum mehr steuerbar ist. Gleichzeitig sind bereits viele Investor*innen an Bord, die immer wieder frisches Geld ins Unternehmen bringen, weil sie sich von anfänglichen Erfolgen blenden lassen.
Leadership-Learning: Wissen, wann "genug" tatsächlich genug ist:
Eine Fähigkeit, die in Zeiten wie diesen auch abseits der Business-Welt zunehmend an Bedeutung gewinnt. Wie kann man also verhindern, dass das Streben nach immer mehr Erfolg blind macht und man den Moment übersieht, an dem sich die Abwärtsspirale zu drehen beginnt?
Führungskräfte sollten sich dahingehend regelmäßig diese 3 Fragen stellen:
Wenn Sie alle Fragen regelmäßig mit „Ja“ beantworten können, sind Sie vor Management by Bling-Bling so gut wie gefeit.
Leadership-Tipp für die Praxis: Schauen Sie bei allem, was glänzt und auf den ersten Blick „brillant“ aussieht, unbedingt hinter die Kulissen. Trauen Sie ihrem Bauchgefühl und verlässlichen Daten und lassen Sie die Finger von allem, wo das nicht möglich ist. Die Moral von der Geschichte: Manchmal ist ein bisschen Ovomaltine besser als viel Benko!
Netzwerk ist gut, eigene Kontrolle besser. Der Ansatz wäre eigentlich ein guter: „The best man/woman gets the job“. In der Realität sieht es jedoch meist anders aus – und zwar unabhängig davon, wohin man schaut: ob Politik, Wirtschaft oder Sportverein. Dabei spricht absolut nichts dagegen, dass gute Leute aus dem eigenen Netzwerk für einen Job vorgeschlagen werden. Im Gegenteil, es handelt sich hierbei vielmehr um eine smarte Recruiting-Strategie. Wenn es allerdings darum geht, aus „Dankbarkeit“, falscher Loyalität oder persönlichem Vorteil jemandem mit einer Aufgabe zu betrauen, bei der im Vorfeld schon klar ist, dass er oder sie nur bedingt für den Job geeignet ist, dann ist das problematisch und in den seltensten Fällen gut für ein Unternehmen.
Leadership-Learning: Netzwerk ist tatsächlich gut, aber nicht um jeden Preis
Aus dem eigenen Netzwerk zu rekrutieren hat in der Tat Vorteile. Oft sind die Vorzüge, Kompetenzen, Qualitäten, aber auch die weniger guten Eigenschaften einer Person schon bekannt, das Risiko, sich für eine*n falsche*n Kandidat*in zu entscheiden, ist also deutlich geringer. Außerdem kann eine gewisse Nähe zum Unternehmen das Vertrauen erhöhen und die Loyalität und das Zusammengehörigkeitsgefühl stärken.
Leadership-Tipp für die Praxis: Wenn es um klassische Postenbesetzung getreu dem Motto „eine Hand wäscht die andere“ geht, gilt in jedem Fall: Besser einen Gefallen weniger erwidert als „the worst man/woman gets the job“.
Jede Initiative aus dem Team wird sofort beschnitten. Bei diesem Führungsfehler ist es wie mit Menschen, die am liebsten über ihre eigenen Witze lachen. Sie selbst denken natürlich, sie hätten die besten Witze (eh klar!). Wenn jemand anderem aber auch mal ein wirklich lustiger Witz auskommt, dann würden sie das nie zugeben, denn es gilt Regel Nummer 1: Ich mache die besten Witze. Und so verhält es sich bisweilen auch mit Chefinnen und Chefs. Sie halten die Ideen und Initiativen ihrer Mitarbeitenden bewusst klein, interessieren sich nicht für die Meinungen anderer und erkennen deren Leistungen nicht an, denn das würde doch ihre eigene Leistung schmälern. Vorgesetzte dieser Art vergraulen ihre besten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, indem sie sie absichtlich kleinhalten. Vor allem dann, wenn jemand etwas besser kann als sie selbst. Das ist für sie nämlich gleichbedeutend mit Machtverlust - kurzum: eine Bedrohung für die eigene Karriere.
Leadership-Learning: Lower your ego and let others shine
Führungskräfte, die Management by Bonsai betreiben, unterliegen einem dramatischen Trugschluss. Nicht nur werden Ergebnisse durch den Austausch im Team meist besser, die eigenen Mitarbeitenden sind auch motivierter und loyaler, wenn sie die Lorbeeren für ihre eigenen Initiativen einstreichen. Darüber hinaus fallen die Errungenschaften des Teams im Endeffekt ja doch immer wieder auf die Führungskraft zurück. Weil sie es ist, die den Nährboden aufbereitet, auf dem die Erfolge des Teams eingefahren werden. Sie sehen also: Führungskräfte sollten empowern, nicht zurückstutzen.
Der, der nicht mehr weiter weiß, der gründet einen Arbeitskreis. Vermutlich haben Sie es selbst schon erlebt: Nach einem zermürbenden vierstündigen Meeting verlassen Sie mit dem bestimmten Gefühl das Besprechungszimmer, dass Sie über ganz viele Aspekte diskutiert haben. Jeder – ob er wollte oder nicht – wurde gehört. Minütlich sind neue Facetten aufgepoppt. Aber bis zum Ende des Meetings wurde de facto keine Entscheidung getroffen – außer, dass die Führungskraft gemeint hat, dass es eine weitere Arbeitsgruppe braucht, um das Ganze erneut – und noch detaillierter – zu besprechen.
Diese Art der Mitarbeiterführung kommt nicht von ungefähr: Zum einen handelt es sich bei diesem Beispiel wahrscheinlich um Führungskräfte, die sehr perfektionistisch, detailverliebt und risikoscheu sind. Zum anderen geht es hier ganz klar um das Thema „Entscheidungen treffen“. Viele Menschen bitten möglichst viele Menschen um ihre Einschätzung, um sich selbst eine Meinung zu bilden. Das hat jedoch meist zur Folge, dass sie nach Einholung vieler Meinungen erst recht keinen Schritt weiter wissen. Andere zögern, weil sie Angst davor haben, eine unpopuläre Entscheidung zu treffen und sie niemanden vor den Kopf stoßen wollen. Beides ist ein echtes Problem – sowohl für Führungskräfte als auch für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Leadership-Learning: Nachdenken und Entscheiden – auf den richtigen Mix kommt es an
Grundsätzlich spricht nichts dagegen, Dinge ausführlich und in Ruhe zu durchdenken. Auch „darüber zu schlafen“ oder Kolleg*innen, um Rat zu fragen, ist sicherlich eine gute Idee. Maßgeblich ist aber vor allem, dass Sie eine Entscheidung treffen und in die Umsetzung kommen.
Leadership-Tipp für die Praxis: Es empfiehlt sich, Richtlinien zu definieren, die Verbindlichkeit schaffen, sollten sie einmal nicht zum gewünschten Ergebnis kommen oder sich in einem Meeting im Kreis drehen.
Lücke identifizieren, sich breitmachen und gleich festsetzen. Jeder, der schon einmal ein Fenster getauscht oder auf einer Baustelle zugegen war, weiß, dass PU-Schaum (auch Montageschaum) ein echtes Multitalent ist. Er dient nicht nur zum Ausfüllen von Hohlräumen, sondern wird auch häufig zum Dichten von Fenster- und Türrahmen verwendet. Seine Wirkungsweise ist einfach: Zuerst sehr flexibel kann er in jede Fuge eingebracht werden, dehnt sich aus und wird in kürzester Zeit hart. Interessanterweise eine Eigenschaft, die auch so mancher Führungskraft zugeschrieben wird: Zu Beginn charmant, kooperativ und mit Teamgeist. Nach kurzer Zeit kommen einem aber doch Zweifel. Viele Vorgesetzte schalten plötzlich auf „Angriffsmodus“ und agieren ab diesem Zeitpunkt nur mehr als Einzelkämpfer*in, um keine Chance auszulassen, sich selbst ins Zentrum zu stellen. Dabei setzen sie gekonnt Ellbogentechnik ein. So eine Führungskraft verteidigt ihre (Macht-)Position mit aller Kraft, torpediert die Projekte anderer und bewegt sich keinen Schritt aus der eigenen Komfortzone.
Leadership-Learning: Auf echte New Leaders setzen
Bei der Auswahl von Führungskräften achten viele Unternehmen im Recruiting-Prozess vor allem auf Hard Skills wie fachliche Kompetenzen, umfassende Führungserfahrung oder einschlägige Branchenkenntnisse. Dabei übersehen viele, dass neben der fachlichen Eignung vor allem zwei Aspekte wirklich gute Führung ausmachen. Zum einen der Cultural Fit und die persönlichen Werthaltungen, Visionen und zum anderen ein entsprechendes Growth-Mindset. Letzteres ist übrigens eines der wichtigsten Elemente von New Leadership. Führungskräfte mit einem Growth-Mindset sind nicht nur auf ihren eigenen Erfolg und den Erfolg des Unternehmens bedacht, sondern es ist ihnen gleichzeitig auch wichtig, dass sich die Menschen um sie herum entwickeln und ihre Stärken zum Einsatz bringen können.
Leadership-Tipp für die Praxis: Ziel ist es, gemeinsam zu wachsen und gemeinsam erfolgreich zu sein. Dabei sollte man nie die „triple bottom line“ aus den Augen verlieren: People, Planet und natürlich auch Profit.
Was zählt, ist der Moment und wie man ihn am besten für inszenieren kann. Social-Media-Kanäle wie Instagram sind doch wunderbar. Hier sehen wir ausschließlich glückliche Menschen, die erfolgreich, beliebt und dabei wahnsinnig gutaussehend sind. Aber Achtung - die Realität sieht oft anders aus. Auch vielen Führungskräften ist der Schein bedeutend wichtiger als das tatsächliche Sein. Worum es ihnen geht, ist die ultimative Perfektion nach außen. Sie möchten der Welt sagen: "Wir sind erfolgreich, machen keine Fehler, uns ist keine Herausforderung zu schwer! Sind wir nicht der wahrgewordene Traum aller Kund*innen und (potenziellen) Mitarbeiter*innen?"
Diesen Führungskräften kann man meist keine böse Absicht unterstellen, ihr Fokus ist lediglich in Schieflage geraten. Natürlich ist es ihnen wichtig, wie es tatsächlich läuft, und natürlich zählt es, wie es dem Team geht - aber wie man bei anderen dasteht, ist einfach wichtiger. Auch wenn das nicht viel mit dem wahren Leben zu tun hat.
Leadership-Learning: Purpose, Purpose, Purpose
Auch wenn die Begriffe "Purpose" und "Werte" für manche in der Management- und Leadership-Literatur reine Buzz-Wörter sind, mit denen (selbsterkorene) Expert*innen Bullshit-Bingo spielen, bilden sie doch das Herz jedes Unternehmens. Sie prägen die Identität und Kultur, ermöglichen eine klare Differenzierung im Wettbewerb und fördern nicht nur die Mitarbeiterbindung, sondern auch das Vertrauen und die Glaubwürdigkeit bei allen Stakeholdern*innen. Deshalb sollten Purpose-orientierte Führungskräfte stets Entscheidungen treffen, die im Einklang mit dem Zweck des Unternehmens stehen und gleichzeitig sicherstellen, dass alle Aktivitäten auf das Erreichen des Ziels ausgerichtet sind.
Leadership-Tipp für die Praxis: Fördern Sie die Sinnhaftigkeit und Bedeutung ihrer Arbeit und zeigen Sie auf, wie individuelle Beiträge von Mitarbeitenden bei der Verwirklichung eines Ziels beitragen. So schaffen Sie die Basis für eine motivierende Arbeitsumgebung.
Wir stellen das Denken jetzt ab und überlassen das Feld der KI. Neue technologische Entwicklungen sind doch der Hit, oder? Die KI schreibt meine Reden und Konzepte, entwickelt ausgefeilte Businesspläne, bereitet mir meine Feedbackgespräche individuell vor und gibt mir sogar Tipps für die Praxis, wie ich eine bessere Führungskraft werde.
Klingt gut, oder? Ist es aber nicht, denn gut gemeint, ist nicht immer gut gemacht.
Leadership-Learning: Führungskräfte bleiben unersetzlich
Mit KI verhält es sich wie mit jeder anderen neuen technologischen Entwicklung. Sie sollte dort ansetzen, wo sie wirklich einen Mehrwert liefert und wo sie in den Diensten des Menschen steht – und nicht umgekehrt. Führungskräfte sollten wissen, wo der Einsatz von künstlicher Intelligenz Sinn macht. In Bereichen, in denen Standardisierung und Optimierung nötig sind, kann KI viel Gutes tun. Maschinen können strukturiert arbeiten, haben jedoch dort Grenzen, wo es um Ideen, um Innovation, um das Denken außerhalb der Norm und um menschliche Kommunikation geht. Überall dort, wo zwischenmenschliche Beziehungen, Vertrauen oder Wertschätzung ins Spiel kommen, werden Menschen unersetzlich bleiben. KI ist nicht automatisch die bessere Führungskraft.
Was zählt, sind einzig Zahlen, Daten und Fakten. Gerade in unserer schnelllebigen und zunehmend digitalisierten Zeit neigen viele Führungskräfte dazu, Unternehmen als Zahlen- und Datenmodelle zu verstehen, die analytischen Gesetzmäßigkeiten folgen. Mitarbeitende sind in diesem Szenario lediglich Ressourcen, deren Leistungen über Performance-Indikatoren gemessen werden kann. Was sie dabei übersehen ist, dass der Beitrag von Mitarbeitenden zum Erfolg des Unternehmens nicht nur an „billable hours“ gemessen werden sollte.
Denken wir an Kreativität, neue Ideen oder den sozialen Beitrag, den jemand leistet, damit sich alle im Team wohl und verstanden fühlen. Eine übermäßige Fokussierung auf Zahlen, Daten und Fakten senkt nicht nur die Mitarbeitermotivation, weil sich das Team nicht wertgeschätzt fühlt, sondern führt auch zu Kommunikationsproblemen und Vertrauensverlust innerhalb des Teams. Gleichzeitig kann ein solcher Führungsstil Widerstand gegen Veränderungen fördern, da Mitarbeitende sich übergangen fühlen und dadurch weniger bereit sind, sich neuen Strategien anzupassen. Dann heißt es nurmehr "Dienst nach Vorschrift".
Leadership-Learning: Im Zentrum steht der Mensch
Um diesen Führunsgfehler zu vermeiden, ist es wichtig, dass Führungskräfte das Beste aus zwei Welten leben, also sowohl quantitative als auch qualitativ-menschliche Aspekte berücksichtigen. Dies beinhaltet natürlich, dass sie als Grundlage für ihre (strategischen) Entscheidungen Zahlen, Daten und Fakten heranziehen - aber auch die individuellen Bedürfnisse in ihrem Team sowie die gesamte Unternehmenskultur im Auge behalten.
Mehr über die größten Führungsfehler und wie Sie diese vermeiden, lesen Sie im ersten Teil Management by Känguru
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