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Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß – eine Analyse
Randstad US hat 2020 eine umfassende Gehaltsstudie durchgeführt und stellt fest, dass mehr denn je Personen nicht über ihr Gehalt reden wollen und der Trend dazu - wahrscheinlich Pandemie-bedingt - sogar von 76% im Jahr 2019 auf 78% im Jahr 2020 anstieg. Interessanterweise kursiert seit Anfang 2021 in Deutschland ein Trend auf TikTok, wo junge Leute ihren Lohnzettel in die laufende Kamera halten – musikalisch untermalt mit "This is Germany Baby", einer Adaption des Childish-Gambino-Hits "This is America". Brisant.de hat daraufhin in einer Umfrage nachgehakt und, siehe da, etwa 70% der Befragten lehnen bislang einen solch freizügigen Umgang mit ihrem Gehaltszettel ab – die Zahlen decken sich mit der jüngsten Studie aus den USA.
Viele Arbeitsverträge haben immer noch eine Verschwiegenheitsklausel in punkto Gehalt.
In Deutschland ist man da schon einen kleinen Schritt weiter: Arbeitgeber*innen dürfen Mitarbeiter*innen nur dann zur Verschwiegenheit verpflichten, wenn sie ein berechtigtes Interesse begründen können. Nachvollziehbar ist es bei Mitarbeiter*innen im Personal und bei Betriebsrät*innen, die natürlich nicht über die ihnen vorliegenden Gehaltsinformationen einzelner reden dürfen. Allerdings verliert dieses Gesetz auch in Österreich immer mehr an Bedeutung, da einerseits bei Jobanzeigen das Mindestgehalt verpflichtend angegeben werden muss, andererseits Jobplattformen wie Kununu, Glassdoor, StepStone, Karriere.at, der Gehaltsrechner der Regierung etc. ohnehin Gehaltsüberblicke bieten.
Ein gewichtiger Grund, über Gehalt zu schweigen, war und ist immer noch der Mitbewerb, denn man will sich bei den heiß umkämpften Kandidat*innen nicht „hoch-lizitieren“.
Allerdings tritt eher das Gegenteil ein: je transparenter die Gehälter, desto nivellierter nach unten sind sie meist.
In einer jüngsten stichprobenartigen Umfrage unter Studierenden eines unserer Programme, bestätigten 65% - Männer und Frauen gleichermaßen, sie wollten gar nicht wissen, was die anderen verdienten, weil es sie nur unzufrieden mache, sollte jemand auf vergleichbarem Level mehr verdienen. Gegenfrage: Ist es nicht viel besser, zu erfahren, was alles möglich ist, und sich dann entsprechend vorbereiten, um für sich selbst die gleichen Chancen wahrzunehmen?
In Österreich gibt es seit 2011 verpflichtende Einkommensberichte für Unternehmen mit über 150 Mitarbeiter*innen, diese sind allerdings anonymisiert und es besteht eine Verschwiegenheitspflicht. Rückschlüsse auf einzelne Personen und deren Einkommen sind nicht möglich – und da kaum jemand von diesen Berichten weiß, wird davon auch nur selten Gebrauch gemacht.
In Deutschland müssen Arbeitgeber*innen auf Anfrage Auskunft geben, um eventuelle Ungerechtigkeiten bei der Bezahlung für vergleichbare Arbeit in Erfahrung zu bringen: Das Entgelttransparenzgesetz (ETG) sieht vor, wer in einem Betrieb mit mehr als 200 Beschäftigten arbeitet, darf Auskunft darüber verlangen, nach welchen Kriterien sein Entgelt festgelegt wurde und was Kolleg*innen mit vergleichbaren Tätigkeiten verdienen.
Allerdings müssen Arbeitgeber*innen nur dann einen Mittelwert nennen, wenn mindestens sechs Kolleg*innen vergleichbare Jobs haben, was dieses Gesetz für Mitarbeiter*innen in KMUs ziemlich unbrauchbar macht.
In Schweden sind die Gehälter aller Bürger*innen beim Finanzamt öffentlich nachvollziehbar und es ist einsehbar, wie viel versteuerbares Einkommen im Vorjahr von jeder Person gemeldet wurde.
In den USA hat bereits zitierte Randstad Studie aus dem Jahre 2020 festgestellt, dass 54% der Befragten angaben, ihre Firma stelle keine Gehaltsinformationen für die jeweiligen Jobs zur Verfügung, 58% es sich aber wünschten.
Immer mehr Konzerne gehen dazu über, zumindest den Führungskräften die Gehaltsbandbreiten der Jobs ihrer Mitarbeiter*innen zur Verfügung zu stellen und nachvollziehbare Regeln einzuführen, nach denen Bezahlung und Gehaltserhöhungen funktionieren sollten. Warum?
Hier erfahren Sie mehr über Martina Ernst.
Mehr Tipps für die Gehaltsverhandlungen unserer Karriere-Expertin lesen Sie in unserer "Salary Insights - Let's Talk About Money"-Serie.