Die Macht von BATNA in der Gehaltsverhandlung

09. Dezember 2015

Conrad Pramböck, Head of Compensation Consulting bei Pedersen & Partners, erklärt wie man selbstbewusst in eine Gehaltsverhandlung geht.

Stellen Sie sich vor, Sie gehen zu Ihrer Führungskraft und bitten sie um 10 % Gehaltserhöhung. Die Führungskraft sagt darauf: „Kommt nicht infrage. Gehen Sie zurück an die Arbeit.“ Was passiert jetzt? Ob Sie mit einer Gehaltserhöhung das Büro verlassen oder zum gleichen Gehalt weiterarbeiten, ist in erster Linie eine Frage, wer von beiden das bessere BATNA hat.

BATNA ist die Abkürzung für „Best Alternative To a Negotiated Agreement”. Anders ausgedrückt: Wenn die Verhandlungen scheitern, wer hat dann die bessere Alternative?

In Gehaltsverhandlungen zählen ja insbesondere eine bessere Performance und ein größerer Verantwortungsbereich als berechtigte Argumente. Doch selbst wenn Sie Jahr für Jahr beste Leistungen erbringen und Ihren Verantwortungsbereich laufend erweitern, kann es passieren, dass Ihr Gehalt gleich bleibt, wenn Sie keine bessere Alternative zu Ihrem derzeitigen Job und Ihrem aktuellen Gehalt haben.

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Wer die bessere Alternative hat, gewinnt

Eine Rechtsanwältin lud die besten KandidatInnen zu einer abschließenden Gesprächsrunde in ihre Kanzlei ein. „Liebe KandidatInnen! Am liebsten würden wir Sie alle bei uns aufnehmen, aber wir haben nur eine Stelle als RechtsanwaltsanwärterIn zu besetzen. Vor sich finden Sie ein Blatt Papier und einen Stift. Bitte notieren Sie eine Zahl. Das sind die Konditionen, zu denen Sie bereit sind, für uns zu arbeiten. Der-/Diejenige mit dem niedrigsten Gebot fängt bei uns kommenden Montag an.“ Wer ist in dieser Situation in der stärkeren Verhandlungsposition? Ganz eindeutig die Rechtsanwältin. Warum? Sie hat das bessere BATNA, denn sie hat die Wahl aus mehreren gleichwertigen KandidatInnen. Ähnlich ging es einer Freundin von mir, die bei einer Werbeagentur als Art Director arbeitet. Als sie gut vorbereitet zu Ihrem Chef ging, um eine Gehaltserhöhung zu bewirken, unterbrach er sie und deutete er auf einen großen Stapel Papier auf seinem Schreibtisch: „Wissen Sie, was das ist, Frau Kollegin? 200 Bewerbungen für Ihren Job. Noch Fragen?“ Doch die Verhandlungsmacht muss nicht immer zwingend beim Arbeitgeber liegen. Ein Headhunter rief einen Kandidaten mit den Worten an: „Sie sind der letzte infrage kommende Wunschkandidat meines Auftraggebers. Bitte nennen Sie uns Ihren Preis.“

Anziehungskraft im Arbeitsmarkt

Grundsätzlich gilt: Je einzigartiger Ihre Fähigkeiten und Ihr Netzwerk sind, desto gefragter sind Sie am Arbeitsmarkt. Mehr Chancen eröffnen Ihnen meist ein besseres BATNA. Ein bekanntes Sprichwort lautet ja: „Wer die Wahl hat, hat die Qual.“ In Karrierefragen gilt jedoch das genaue Gegenteil: Wer keine Wahl hat, hat die Qual, weil er sich alles gefallen lassen muss. In Verhandlungen sollten Sie sich bewusst sein: Sie können Ihren Verhandlungspartner zu nichts zwingen, ohne Ihr Vertrauensverhältnis nachhaltig zu schädigen. Jedes Verhandlungsergebnis sollte eine Win-Win-Situation zum besten Wohle aller Beteiligten darstellen, um möglichst langfristigen Bestand zu haben. Druck auszuüben wirkt meist kontraproduktiv. Auch Erpressung funktioniert als Strategie nur ganz kurzfristig und ist in den seltensten Fällen empfehlenswert. Was Sie sehr wohl tun können, ist die Erarbeitung eines BATNA. Stellen Sie sich die Frage: „Was werde ich tun, wenn mein Anliegen abgelehnt wird?“ Alternativen vor Augen zu haben, verschafft Ihnen Sicherheit, Ruhe und Gelassenheit. Sie strahlen innere Stärke während der Verhandlung aus, weil Sie wissen, dass Ihnen nichts passieren kann. So oder so, am Ende gewinnen Sie.

Nicht alles offenbaren

Gehen Sie jedoch behutsam damit um, Ihr BATNA in der Verhandlung preiszugeben. Wenn Sie Ihre Führungskraft mit der Tatsache konfrontieren, dass Sie ein Angebot vom Mitbewerb haben, müssen Sie bereit sein, das Unternehmen sofort zu verlassen. Sollte Ihr Verhandlungspartner sein BATNA erwähnen, können Sie ihn darauf hinweisen, dass es doch nicht so gut ist, wie er meint. Ein Chef konterte seinem Mitarbeiter: „Sie können gerne das Jobangebot unseres Konkurrenten annehmen, aber ich versichere Ihnen, dass Sie dort nicht glücklich werden. Die meisten verlassen das Unternehmen wieder nach spätestens drei Monaten, weil das Betriebsklima so schlecht ist. Sie sind noch jung. Vielleicht brauchen Sie ja diese Erfahrung, aber als Freund rate ich Ihnen davon ab. Sollten Sie dort nicht mehr zufrieden sein, rufen Sie mich gerne wieder an. Vielleicht haben wir ja wieder eine Stelle für Sie frei.“ Die Grundlage für beruflichen Erfolg besteht darin, Leistung zu zeigen, Verantwortung zu übernehmen und sich ein berufliches Netzwerk aufzubauen. Um in Verhandlungen erfolgreich zu sein, brauchen Sie ein BATNA, das Sie sich laufend erarbeiten sollten. Mit der Sicherheit einer besseren Alternative können Sie zu jeder Zeit selbstbewusst in Ihre Gehaltsverhandlung gehen.

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