Digital im Geschäft: die 10 erfolgreichsten Business-Modelle

27. September 2021

Martin Giesswein über digitale Geschäftschancen

Symbolbild digitales Business-Modell
Digitale Geschäftsmodelle sind aus der heutigen Wirtschaftswelt nicht mehr wegzudenken. Welche Arten gibt es?

Die Digitalisierung hat neue, disruptive Geschäftsmodelle hervorgebracht, die binnen kürzester Zeit KundInnen gewinnen und Umsätze generieren – und zwar meist nur via Mausklick. Martin Giesswein hat mit dem Niedergang von Nokia als damaliger Country Manager für Österreich persönlich erlebt, was es bedeutet, wenn Unternehmen digitale Geschäftschancen ungenutzt lassen. „Wir sehen, dass Firmen seit den letzten 20 Jahren in der Internetwirtschaft am meisten Geld verdienen, die bestimmte digitale Business-Modelle anwenden“, sagt der Digitalisierungsexperte und Autor des Sachbuchs „Digitale Game Changer“.
 

In seinem „Digital Game Changer“-Workshop an der WU Executive Academy gibt Martin Giesswein sein Wissen an Führungskräfte traditioneller Unternehmen weiter, um sie für die gegenwärtige Wirtschaft vorzubereiten. Mit seinem Geschäftsmodellanalyse-Canvas können Unternehmen auf einem Blick analysieren, welche digitalen Business-Modelle für ihre Geschäftsfelder besonders viel Sinn macht.

Portrait Christof Stögerer

Christof Stögerer

  • Head of Continuing Education
  • WU Executive Academy

Wir möchten damit die Relevanz von digitalen Skills für Führungskräfte hervorheben und somit die Wettbewerbsfähigkeit von Organisationen im 21. Jahrhundert sicherstellen.

Das sind die neun digitalen Geschäfts-Modelle:
 

1. Abo-Modell

Das wohl gängigste und besonders starke Modell, das man bei Strom- und Handyrechnungen schon seit Jahrzehnten kennt, bietet laut Martin Giesswein einen immensen Vorteil: „Man hat stetig wiederkehrende KundInnen und muss sich nicht um ständige zeitaufwändige Akquise kümmern.“ Er selbst hat das Abo-Modell als CEO der Plattform Immobilien.net angewandt und für Makler Jahresabos angeboten: „Das hat uns damals 80 Prozent unseres Umsatzes eingebracht“, so Giesswein. Sein Rat: „Alle Verkaufsprozesse in der Organisation ansehen. Häufig sind Käufe Einzeltransaktionen, die jedes Mal Aufwand und Zeit bedeuten. Hier könnte man oft einfach auf ein digitales Abo umstellen. Das kann fast jedes Unternehmen machen.“ Aus psychologischer Sicht würden Abo-Preise um 9 oder 14,90 Euro pro Monat besonders gut funktionieren. „Hier denkt man als KonsumentIn nicht nach, wenn der Wert der Dienstleistung vorhanden ist“, so Giesswein. „Über das Abo werden KundInnen gebunden und sie werden es gern bezahlen, solange der Nutzen da ist.“
 

2. Gratis-Modell

Die Google Suche ist ein perfektes Beispiel: Keine NutzerIn zahlt etwas für dieses großartige Service, mit den Daten über die Suche kann Google aber Trends generieren und Werbung auf der Ergebnisseite anzeigen. Am leichtesten merkt man sich dieses Business-Modell mit dem Satz: Wenn Sie nichts für das Produkt zahlen, sind Sie das Produkt.

Google als Beispiel für digitales Business-Modell
Suchmaschinen kosten üblicherweise kein Geld, umsonst sind sie allerdings auch nicht. Foto © CC0 Licence

3. Freemium-Modell

Das Freemium-Modell basiert auf einem Gratis-Modell, wodurch potenzielle KundInnen angezogen werden. Der Begriff setzt sich aus den Worten „free“ und „Premium“ zusammen. „Ein kostenpflichtiges Premium-Upgrade im Rahmen eines Abo-Modells eröffnet dann meist weitere Dienstleistungen“, sagt Giesswein.
 

4. Ökosystem-Modell

„Wir bei Nokia verkauften blind über den Mobilfunkbetreiber an die EndkundInnen unsere Telefone. Wir wussten nichts über die EndkundInnen. Heute arbeiten Firmen wie zum Beispiel Apple oder Google im Ökosystem-Modell: Sie umgarnen die KundInnen mit vielen Dienstleistungen und haben dadurch alle EndkundInnendaten: Hardware, Online-Services, Musik, Mail, Speicherplatz, Payment, Watch, Podcast. Für die KundInnen ist es einfacher und kostengünstiger im Ökosystem zu bleiben, als sich davon zu lösen.“ Die Zukunft gehöre aber auch den offenen Ökosystemen, die organisationsübergreifend Lösungen und Innovationen entwickeln. Der Vorteil dieses Modells: Durch die Kollaboration können Bedürfnisse umfassend abgedeckt und nachhaltige Lösungen für Probleme gefunden werden. In vielen Fällen bringt das Ökosystem den teilnehmenden Unternehmen mehr: der Kuchen wird vergrößert und gleichzeitig werden durch das Teilen die Kosten gesenkt.

Portrait Martin Giesswein

Martin Giesswein

  • Digitalisierungsexperte

Für große Themen wie Klimawandel, Mobilität, Gesundheit und demografische Überalterung ist das offene Ökosystem besonders geeignet.

5. On-Demand-Modell

Es besagt, dass das Produkt den KundInnen zur Verfügung gestellt wird, wenn sie es brauchen. „Das bedeutet eine Reduktion der Vorhaltekosten“, meint Giesswein. Unter dem Zugzwang der Streaming-Anbieter würde auch das klassische Fernsehen reagieren: „Das lineare Fernsehen transferiert sich in Apps und TVtheken, wo Sendungen auf Abruf zu sehen sind.“ Das On-Demand-Modell sei auch für traditionelle Sparten wie die Versicherungsbranche spannend: „Das würde bedeuten, dass ich erst eine Versicherung abschließe, wenn ich einen Unfall habe und dann für fünf Jahre per Abo-Modell bei der Versicherung bleibe – das wäre für KundInnen doch viel attraktiver.“

Netflix als Beispiel für On Demand Business-Model
Das On-Demand Modell ist nicht nur im Streamingbereich attraktiv, sondern wird in Zukunft auch in anderen Bereichen spannend. Foto © CC0 Licence

6. „Verwenden-statt-Eigentums“-Modell

Dieses Modell überlappt sich mit dem On-Demand-Modell und geht vom Sharing-Ansatz aus. „Ich benötige on-demand ein Auto, zum Beispiel miete ich mir als KundIn über Carsharing eines und nutze es in der nächsten Stunde. Ich bezahle dabei nur einen kleinen Bruchteil dessen, was der Besitz des Autos kosten würde“, sagt Giesswein, „und dank ihres Erfolgs werden beide Modelle immer öfter angewendet.“ Das Unternehmen selbst habe einmalige Anschaffungskosten des Produkts aber in Summe höhere Einnahmen über dessen Vermietungslebenszeit.
 

7. Plattform-Modell

„Einen Schritt weiter geht Uber: Das Unternehmen kauft nicht einmal mehr die Hardware, nämlich die Autos, sondern vermittelt die FahrerInnen samt Autos gegen Gebühr – und zwar on-demand und just-in-time. Und Uber besitzt auch noch die Kontrolle über die Daten“, sagt Martin Giesswein. Plattform-Modelle würden dort Sinn machen, wenn man sehr viele VerbraucherInnen mit Unternehmen zusammenbringen könne.
 

8. Hypermarket-Modell

Amazon ist ein als Buchversandhandel gestartetes Plattform-Business, das inzwischen auf die Verdrängung von MitbewerberInnen ausgerichtet ist und von Lebensmitteln über Technikwaren bis Mode einfach alles anbietet – on-demand und bequem. „Das Hypermarket-Modell findet man im digitalen als auch im analogen Bereich“, sagt Martin Giesswein. So würde auch Amazon zunehmend in die analoge Welt eintauchen: etwa im Logistikbereich mit einer Flugzeugflotte oder Hafenlizenzen.

Amazon als Beispiel für Hypermarket Business-Modell
Amazon ist das Paradebeispiel für einen Hypermarket, sowohl online als auch analog. Foto © CC0 Licence

9. Experience-Modell

„Mit diesem Modell verkaufen Unternehmen ihren KundInnen ein Erlebnis, eine positive Erfahrung“, sagt Martin Giesswein. Beispiele dafür sind Tesla, Apple oder Red Bull, deren Produkte stark mit einem bestimmten Lifestyle verbunden werden. Die Margen sind in solchen Fällen lukrativ: so hat das iPhone zwar nach Stückzahlen weltweit nur einen Marktanteil von 20 Prozent, macht aber 80 Prozent des Branchenprofits.
 

10. Affiliate-/Pyramiden-/Influencer-Modell

Um digitale Güter an die EndkundInnen zu bringen, helfen netzwerkstarke PartnerInnen oder Influencer, die mit Affiliate-Links ihre Kundschaft weiterlotsen. Im realen Leben setzt Microsoft etwa mit seinem pyramidenartigen Modell auf tausende zertifizierte PartnerInnen, die Microsoft-Produkte verkaufen oder lizensieren. So kann Microsoft direkte Lohnkosten einsparen und trotzdem fast jedes Unternehmen im Land als KundIn haben.
 

„Je mehr Business-Modelle wir in einem Unternehmen miteinander kombinieren, desto erfolgreicher wird das Unternehmen sein“, sagt der Digitalisierungsexperte abschließend.
 

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