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Wie können Unternehmen auf nachhaltige Entwicklung ausgerichtet werden?
Die Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen (UN) wurden als gemeinsame Orientierungshilfe für Unternehmen ins Leben gerufen, die einerseits erläutern, welche Erwartungen externe Stakeholder*innen an nachhaltiges Wirtschaften haben, und andererseits konkrete Möglichkeiten aufzeigen, wie die Ziele und Tätigkeiten eines Unternehmens auf eine nachhaltige Entwicklung ausgerichtet werden können. Klingt einfach, ist es aber in der Praxis nicht. Die beiden WU-Nachhaltigkeitsexpert*innen und langjährigen Vortragenden der WU Executive Academy, Milda Zilinskaite und Christof Miska, erklären, warum das so ist und zeigen in 4 Schritten auf, was Unternehmen ganz konkret tun können, um die SDGs sinnvoll und zugleich pragmatisch in ihr Business-Modell zu integrieren.
Je nach Branche, Geschäftsmodell und Region sind Unternehmen unterschiedlichen Risiken ausgesetzt und können unterschiedliche wirtschaftliche Chancen wahrnehmen. Aufgrund ihrer Vielfalt zeigen daher die Global Goals privatwirtschaftlichen Unternehmen und Investierenden Möglichkeiten auf, die ihnen zugeschriebene Mitverantwortung entlang der eigenen Wertschöpfungs- und Lieferketten in der Praxis zu gestalten.
Da es zunehmend rechtliche Vorgaben gibt, die umgesetzt werden müssen, und immer mehr Stakeholder*innen von Unternehmen heute aktiv einfordern, dass konkrete Schritte in dieser Hinsicht unternommen werden, lohnt sich ein genauerer Blick auf die 17 Global Goals und die 169 Unterziele der UN.
Wie aber können die SDGs nun konkret im Unternehmen implementiert werden, welche sind überhaupt für das eigene Business geeignet und wie setzen Führungskräfte die ersten Schritte?
Milda Zilinskaite, Senior Scientist und Sustainability Center Managerin der WU, und Christof Miska, Associate Professor am WU-Institute for International Business, erklären anhand von vier konkreten Schritten, wie diese Umsetzung in die Praxis gelingen kann.
Über Nachhaltigkeit wird viel gesprochen, mit den SDG sollen konkrete Ziele formuliert werden. Doch das ist gar nicht so einfach, wie Christof Miska erklärt: „Die Ziele sind primär ein Framework für Länder, nicht für Unternehmen.“ Es mangelt also oft an den Ideen, wie man die – teils recht vage formulierten Ziele – in den Geschäftsalltag übersetzt. Zudem sind die SDGs ein komplexes Themenfeld, es ist daher entsprechendes Wissen nötig.
Christof Miska
Das Engagement zahlt sich aber aus. Wenn man es schafft, ist man für unterschiedliche Krisen bestens vorbereitet.
Der Vorteil: Unternehmen sind nicht auf sich alleine gestellt, denn Vernetzung und Kooperation sollen Grundlage einer Umsetzung der SDGs in konkrete Maßnahmen sein. So kann beispielsweise ein Private-Public-Partnership mit einer NGO sinnvoll sein. „Führungskräfte müssen die Aufgabe nicht alleine stemmen“, sagt Miska. Zudem ist die entsprechende Expertise im Unternehmen bereits vorhanden, etwa bei Digitalisierungsprojekten – das kann man ausnützen. Auch Partnerschaften mit Unternehmen aus anderen Branchen sollten kein Tabu sein, ebenso Allianzen innerhalb der eigenen Branche. Dabei geht es nicht um Lobbying, sondern um den Austausch von Informationen und die Auswahl von Lieferant*innen – das wird wichtiger, weil in Zukunft alle Ebenen der Wertschöpfungskette genauer angesehen werden.
In weiterer Folge macht eine Bestandsaufnahme Sinn: Wo stehen wir bezüglich der Nachhaltigkeitsziele, in welchen Bereichen sind wir bereits aktiv, welche werden derzeit vernachlässigt? Diese Einschätzung ermöglicht eine erste Orientierung. Nun folgt eine Analyse der eigenen Möglichkeiten: Welche Ressourcen stehen dem Unternehmen zur Verfügung? Wo muss ich mich nach Partner*innen umsehen, wie kann ich Wissen aufbauen? Das hängt nicht nur von der Größe des Unternehmens ab, sagt Milda Zilinskaite. Die SDG-Expertin weist auf die Unterschiede zwischen den Branchen hin.
Milda Zilinskaite
Im Finanzsektor beispielsweise gibt es bereits mehr Vorgaben. Nützlich ist es zudem, sich die Unterziele der SDGs genauer anzusehen, diese geben deutlich mehr praxisbezogene Vorgaben und Orientierung als die 17 großen Ziele.
Jetzt folgt die Umsetzung: Welche SDG geht das Unternehmen an? Dabei soll es aber um die ersten konkreten Umsetzungsprojekte gehen, nicht um den Ausschluss anderer Ziele. Weil es an Zeit und Ressourcen mangelt, suchen sich Betriebe oft nur Bereiche heraus, in denen sie bereits aktiv sind. Doch das ist der falsche Weg, warnt Miska: „Weil die Vorgaben auf breiter Basis erfolgen, kann man nicht nur jene SDG angehen, die jetzt gerade passen.“
Vor allem gewinnorientierte Firmen würden nicht gerne den nächsten, logischen Schritt setzen – nämlich nach und nach jene Bereiche anzugehen, in denen sie noch nicht gut aufgestellt sind. Sich nur die Rosinen herauszupicken, könne nicht lange gutgehen. Neben Umwelt- und Klimaschutz werden unter anderem Themen wie Armutsbekämpfung, Zugang zu Bildung oder mehr Geschlechtergerechtigkeit in den nächsten Jahren stärker auf die Agenda rücken.
Eine breite Aufstellung sei daher von Anfang an wichtig, zumal Gesetzgeber und Institutionen zweifellos nachziehen werden und in naher Zukunft weitere Bereiche ansprechen, warnt Miska: „Und deshalb ist es besser voranzugehen als nachzulaufen.“ Genau das mussten in der Vergangenheit jene Branchen tun, die in Sachen Nachhaltigkeit schon seit langem auf dem Prüfstand stehen – etwa die Mineralöl- oder die Schwerindustrie. Solche Sektoren mussten sich schon früh auf entsprechende Vorgaben einstellen und sind daher heute oft schon einen Schritt voraus.
Der Idealfall: Die SDGs werden gezielt in das Geschäftsmodell des Unternehmens integriert. „CEOs können zum Beispiel auch CSO sein, also Chief Sustainable Officer“, erläutert Milda Zilinskaite. Generell sollte die Ausrichtung auf die SDGs für das ganze Unternehmen, also quer durch alle Abteilungen erfolgen. Auch für die Mitarbeiter*innen ist es wichtig, unbedingt aktiv am Prozess teilzunehmen. „Arbeitnehmer*innen fragen heute nach Sinn und nach konkreten Inhalten. Die SDGs können als gemeinsames Ziel und als Vision in dieser Hinsicht sehr wertvoll sein.“
Derzeit würden allerdings Bildungsmaßnahmen oft von Nachhaltigkeitsbestrebungen getrennt. „Es darf auf keinen Fall sein, dass das Top-Management etwas konkret tut, aber die Mitarbeitenden nicht eingebunden werden.“ Das Gefühl, als einzelne Person etwas beitragen zu können, schafft Motivation und Engagement. Zudem kann das für Unternehmen ein Employer-Branding-Vorteil im Wettstreit um die besten Mitarbeiter*innen sein.
Wie unsere Alumni die Sustainable Development Goals in ihren Führungsalltag einbauen, können sie in der Our Alumni SDG Leaders Serie nachlesen.