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Die wichtigsten Veränderungen und Lösungsvorschläge
Die Weiterbildungslandschaft durchläuft derzeit einen Paradigmenwechsel, und Business Schools auf der ganzen Welt bekommen die Auswirkungen dieser Veränderungen deutlich zu spüren. Die Zeiten des "Business as usual" sind für traditionelle Business Schools vorbei. Welche (radikalen) Innovationen braucht es, um auch in Zukunft relevant zu bleiben? Bodo B. Schlegelmilch, Dekan der WU Executive Academy, hat sich die wichtigsten Veränderungen und mögliche Lösungsvorschläge angesehen.
Die wachsende Beliebtheit von Business Schools weltweit ist eine wahre Erfolgsgeschichte für die Branche. Eine fundierte wirtschaftliche Ausbildung hat bereits unzähligen Absolvent*innen neue Chancen eröffnet und ihnen nicht nur berufliche Aufstiegsmöglichkeiten, sondern oft auch ein höheres Gehalt verschafft. Nichtsdestotrotz stehen Wirtschaftshochschulen seit jeher in der Kritik.
In den 1950er-Jahren kritisierten reichweitenstarke Berichte der Ford- und Carnegie-Stiftung die Business Schools scharf: Sie bemängelten unterdurchschnittliche Studierende, schwache akademische Standards, unzureichend qualifizierte Lehrkräfte, anspruchslose Lehrpläne und eine unklare Mission. Diese Kritik fand breite Resonanz und wurde später von renommierten Medien wie der New York Times, Forbes und dem Economist weitergetragen. Der Erfolgsgeschichte der Business Schools tat dies damals keinen Abbruch.
Doch nach einer langen Wachstumsphase stehen Business Schools nun zunehmend vor schwierigen Herausforderungen. Tiefgreifende Veränderungen in Wertvorstellungen und gravierende demografische Umwälzungen bremsen ihren Erfolgskurs. Zudem wächst bei Studierenden und Arbeitgeber*innen die Skepsis, ob die Lehrpläne noch zeitgemäß sind und ob sie Absolvent*innen wirklich auf die Herausforderungen der modernen Arbeitswelt vorbereiten. Mitunter wird die gesellschaftliche Legitimität von Business Schools grundsätzlich infrage gestellt. Kritiker*innen argumentieren, dass ihre Ausrichtung nicht mehr mit den aktuellen globalen Herausforderungen vereinbar sei und vielmehr bestehende Probleme wie die Unternehmensdominanz, Umweltzerstörung, wachsende Einkommensungleichheit und durch unethisches Verhalten verursachte Skandale weiter verstärke. Selbst wirtschaftsfreundliche CEOs wie Elon Musk und Mark Cuban haben öffentlich Zweifel am Wert eines Business-School-Abschlusses geäußert und die Relevanz einer solchen Ausbildung hinterfragt.
Vor diesem Hintergrund ist klar, dass Business Schools sich grundlegend neu ausrichten müssen, um bestehende Zweifel an ihrer Daseinsberechtigung in der öffentlichen Wahrnehmung auszuräumen. Doch dieser dringend notwendige Wandel erfolgt oft langsamer als nötig. Technokratie und die Angst, Geldgeber*innen zu verstimmen, bremsen Reformen aus. Zudem werden Veränderungen häufig nur in sehr kleinen Schritten vorangetrieben, wodurch der erreichte Wandel eher symbolisch als substanziell ist.
Durch eine präzise Analyse ihrer zugrunde liegenden Strategie können Business Schools ihre Legitimität stärken und ihre Werte schärfen. Die meisten Wirtschaftshochschulen formulieren ihren Purpose – die Zielsetzung, die ihrer Existenz Sinn verleiht – in einem Mission Statement. Dieses legt zwar meist die ideologische Stoßrichtung der betreffenden Institution offen, ist jedoch sehr häufig nur beschränkt aussagekräftig, da es im Versuch, die Institution in ein besseres Licht zu rücken, nicht immer die Realität darstellt. In Zukunft sollten Business Schools also sicherstellen, dass ihre Mission Statements nicht nur klar und inspirierend, sondern auch realistisch sind. Um dies zu erreichen, ist es entscheidend, dass verschiedene Stakeholder*innen – darunter Studierende, Lehrende, Arbeitgeber*innen und Alumni – aktiv in den Ausarbeitungsprozess eingebunden werden.
Themen mit hoher Relevanz für die Gesellschaft, wie Nachhaltigkeit, lebenslanges Lernen, gesellschaftlicher Impact und verantwortungsvolles Management, sind keine Randthemen mehr, sondern müssen in den Mission Statements zukunftsfitter Wirtschaftshochschulen einen zentralen Stellenwert einnehmen. Studierende verlangen verstärkt nach flexiblen Lernbedingungen, die sich gut mit ihrem Privat- und Berufsleben vereinbaren lassen. Aus einer überwältigenden Anzahl möglicher Optionen wählen Studierende am liebsten jene, die sie Zeit, Art und Ort des Studierens nach ihren eigenen Bedürfnissen bestimmen lassen.
Bodo B. Schlegelmilch, Ph.D., D.Litt., Ph.D. (hon.)
Die Miteinbeziehung unterschiedlicher Interessengruppen bei der Entwicklung des Mission Statement ist nur der Anfang. Die Umsetzung der darin enthaltenen Prinzipien in konkrete Initiativen erfordert schwierige und nuancierte Entscheidungen.
Die verfügbaren Ressourcen spielen eine entscheidende Rolle für die Wettbewerbsfähigkeit einer Business School. Es ist ratsam, einzigartige Kernkompetenzen zu entwickeln, die ihr in bestimmten Bereichen einen entscheidenden Vorsprung gegenüber der Konkurrenz verschaffen.
Zu den wertvollsten und am stärksten begrenzten Ressourcen einer Wirtschaftshochschule zählen der Lehrkörper und ein strategisch denkendes und weitsichtiges Führungsteam. Doch Humankapital ist natürlich nicht alles. Die materiellen Vermögenswerte, finanziellen Ressourcen, der Ruf der Bildungseinrichtung und auch die Organisationskultur tragen wesentlich zur Wettbewerbsfähigkeit einer Business School bei. Wirtschaftshochschulen, die eine einzigartige Mischung aus Ressourcen und Kapazitäten dieser Art kultivieren können, sind ihrer Konkurrenz weit voraus und werden am Markt deutlich wahrgenommen. Business Schools sollten sich im Klaren darüber sein, über welche (materiellen und immateriellen) Ressourcen und Kapazitäten sie verfügen und wie sich diese auf ihre Wettbewerbsfähigkeit auswirken.
Ein weiterer wichtiger Bereich, der strategisch erneuert werden kann, betrifft den Marktfokus von Business Schools. Besteht die Zielgruppe aus internationalen High Potentials oder soll eher der regionale Markt bedient werden? Diese Frage ist besonders in großen Märkten wie China und den USA entscheidend, da Anbieter*innen bewusst entweder eine Zielgruppe im eigenen Land oder Studierende auf der ganzen Welt ansprechen müssen.
Um zu entscheiden, wo auf der Welt um zukünftige Studierende gewetteifert werden soll, müssen verschiedene Faktoren abgewogen werden, darunter die Größe und Rentabilität potenzieller Studierendensegmente. Zudem müssen der Purpose der Institution und die Bedürfnisse der Zielmärkte zueinanderpassen. Diese strategische Entscheidung kann gravierende operative und finanzielle Auswirkungen haben, verstärkt durch die Tatsache, dass geografische Distanzen durch den verstärkten Einsatz von technologiegestützter Fernlehre an Bedeutung verlieren.
Sobald die strategisch relevanten Bausteine – konkret der Purpose (Vision und Mission), der Markt (wo um Studierende geworben werden soll), der Wettbewerb (wie dieser realisiert wird), die Ressourcen (mit welchen Mitteln der Wettbewerb vorangetrieben werden kann) und die Systeme (wie die Umsetzung der Strategie überwacht werden kann) – feststehen, ist es an der Zeit, eine durchdachte und kohärente Strategie auszuformulieren.
Dabei stehen grundsätzlich drei Optionen zur Wahl: die Priorisierung von Forschung, Lehre oder gesellschaftlicher Relevanz. Auch wenn es auf den ersten Blick offensichtlich wirkt, verabsäumen es viele Business Schools, eine klare Ausrichtung zu wählen. In Ermangelung einer solchen verteilen sie ihre verfügbaren Ressourcen gleichermaßen auf alle drei Bereiche, wodurch letztendlich keiner davon ausreichend ausgestattet ist und der Output sowohl in Forschung als auch in Lehre und gesellschaftlicher Relevanz nur mittelmäßig bleibt. Dieses Phänomen führt letztendlich zu einer verwaschenen und unspezifischen Positionierung am Markt.
Um diesem Fallstrick zu entkommen und sich klarer zu positionieren, sollte eine bewusste Entscheidung darüber getroffen werden, in welchem der drei Bereiche Abstriche zugunsten eines anderen gemacht werden sollen.
Trotzdem gilt: Um professionelle Standards zu erfüllen, muss natürlich in allen drei Bereichen eine gewisse Mindestleistung erbracht werden, doch nur sehr wenige international führende Elite-Wirtschaftshochschulen verfügen tatsächlich über die notwendigen Ressourcen, um sowohl in Forschung, Lehre als auch gesellschaftlichem Engagement zu brillieren. Viele Business Schools werden aufgrund begrenzter Mittel den Fokus auf einen Bereich legen müssen, wie etwa die Qualität der Lehre, um sich in diesem Bereich von der Konkurrenz abzuheben. Ob eine Business School sich auf die Qualität der Lehre, exzellente Forschung oder gesellschaftliche Relevanz konzentriert, ist abhängig von der individuellen Zusammensetzung der Ressourcen und Kapazitäten.
Einige Institutionen stecken im Niemandsland fest und schaffen es in keinem der drei Bereiche, Mindeststandards zu erfüllen. Im Wettbewerb können sie nicht mithalten und wirtschaftlich halten sie sich nur knapp über Wasser, es sei denn, sie finden externe Unterstützung durch die Regierung oder Einzelpersonen, die sich als Namensgeber*in einer universitären Institution verewigen möchten. Aus diesem Grund gibt es eine erkleckliche Anzahl an Business Schools, die ihrer Bezeichnung in der Praxis nicht gerecht werden. An solchen Bildungseinrichtungen macht meist mittelmäßiges Lehrpersonal mittelmäßigen Unterricht für mittelmäßige Studierende.
Demgegenüber stehen elitäre Wirtschaftshochschulen, die in Forschung, Lehre und sozialem Engagement wegweisend sind und auf einem nachhaltigen, sich selbst tragenden Geschäftsmodell aufbauen. Durch einen hervorragenden Ruf ziehen solche Business Schools herausragende Lehrende und Studierende an, was wiederum den Erkennungswert ihrer Marke und ihre finanzielle Ausstattung stärkt. Diese Aufwärtsdynamik ermöglicht es ihnen, Wettbewerbsvorteile nachhaltig zu verteidigen und unterstreicht zudem die Legitimität am globalen Markt.
Die Entwicklung einer klaren Strategie verschafft Business Schools die Klarheit, die sie benötigen, um unproduktives und kostspieliges Schwanken zwischen unterschiedlichen Laufrichtungen zu vermeiden. Eine eindeutige Positionierung stärkt zudem die Legitimation in den Bereichen, die die Institution als Fokus festgelegt hat, und vermeidet Frustration in Domänen, wo sie schlicht nicht mithalten kann.
In einem Marktumfeld, in dem die Existenzberechtigung von Business Schools grundsätzlich infrage gestellt wird, müssen Bildungseinrichtungen ihre Strategien kritisch prüfen und von Grund auf überdenken, wie sie ihre Zukunft gestalten möchten. Dabei geht es nicht einfach darum, Antworten auf kritische Stimmen zu finden, die die Relevanz akademischer Forschung oder die Praxistauglichkeit der in den Hörsälen vermittelten Inhalte anzweifeln. Um nicht in der Bedeutungslosigkeit zu versinken, müssen sich Wirtschaftshochschulen stärker an den Erwartungen von Stakeholder*innen ausrichten und einen Mehrwert bieten, der über den Unterricht hinausgeht.
Um dies zu erreichen, sind drei wesentliche Handlungsfelder von besonderer Bedeutung: Eine Purpose-Driven Strategie, eine klare Marktpositionierung und eine Differenzierung im Wettbewerb. Diese drei Säulen sind entscheidend, um Business Schools in einem zunehmend komplexen und wettbewerbsintensiven Umfeld relevant und erfolgreich zu halten.
Um eine nachhaltige Erneuerung zu erreichen, ist es unerlässlich, eine klare, zielorientierte Strategie zu entwickeln. Dabei genügt es nicht, lediglich wohlklingende Statements aufzustellen. Wirtschaftshochschulen müssen ihren Zweck eingehend analysieren und dabei die Perspektiven ihrer Stakeholder berücksichtigen. Die Legitimität einer Institution beruht letztlich auf ihrer Fähigkeit, Menschen zu inspirieren und der Gemeinschaft, in der sie tätig ist, wertvolle Dienste zu leisten.
Auch die Positionierung am Markt spielt eine entscheidende Rolle. Mit der Zunahme von Online-Lernsettings und einem immer vager werdenden Verständnis davon, was es heißt, „vor Ort“ zu sein, wird geografisches Targeting eine interessante Option. Dabei wird der Markt, in dem um Studierende geworben wird, festgelegt. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und sich verändernder Bedürfnisse von Studierenden muss klar feststehen, wer die Zielgruppe ist und wo sie sich befindet.
Business Schools müssen sich zudem in einem heiß umkämpften Feld klar von ihren Mitbewerber*innen abgrenzen. Dies kann durch hervorragende Forschung, die Qualität der Lehre oder die gesellschaftliche Relevanz verwirklicht werden, wobei die Entscheidung für eine dieser Stoßrichtungen den Stärken und Ressourcen der Institution entsprechen sollte. Die Entscheidung, wie sich eine Wirtschaftshochschule von ihren Mitbewerber*innen abheben will, muss Ziele, Ressourcen, Möglichkeiten, Wünsche von Stakeholder*innen, den Wettbewerb und auch strategische Abstriche, die in manchen Bereichen gemacht werden, berücksichtigen.
Business Schools tun gut daran, ihre Ressourcen und Kapazitäten einem kritischen Blick zu unterziehen. Dafür benötigt es eine schonungslose und ehrliche Prüfung, wie es um die Führungskompetenzen, die Qualität des Lehrkörpers, die Lehr- und Forschungsinfrastruktur, den Ruf der Institution und ihre finanzielle Gesundheit steht, um anschließend zu entscheiden, welche Wettbewerbsstrategien umgesetzt werden können.
All diese Strategien können nur dann für Business Schools erfolgreich sein, wenn belastbare Systeme dafür sorgen, dass der Fortschritt gemessen und gesteuert wird. Wirksame Metriken helfen Hochschulen nicht nur dabei, ihre Rechenschaftspflicht zu erfüllen, sie stellen auch sicher, dass alle gesetzten Schritte im Sinne der übergeordneten Mission sind.
Die Mehrheit der Business Schools, die ihre strategischen Entscheidungen gründlich hinterfragen, wird erkennen, dass eine Priorisierung von Forschung, Lehre oder gesellschaftlicher Relevanz unumgänglich ist. Auch wenn grundlegende Standards in allen drei Bereichen selbstverständlich erfüllt werden sollten, erfordern begrenzte Ressourcen in den meisten Fällen eine Fokussierung. Nur so können Business Schools in einem brillieren und sich nachhaltig vom Wettbewerb abheben. Ein klarer Fokus auf einen bestimmten Bereich minimiert zudem Ressourcenverschwendung und stärkt die Gesamtlegitimität einer Business School.
Ein fokussierter und realistischer Ansatz, der die Stärken und Rahmenbedingungen einer Business School berücksichtigt, bewahrt davor, im trüben Fahrwasser stecken zu bleiben und sich berechtigte Fragen zu Legitimität & Co. gefallen lassen zu müssen. Dies mag zwar schwierige Entscheidungen erfordern, doch die Alternative – ein fortwährender Zickzackkurs, der kaum zu gesellschaftlicher Anerkennung führen wird und ein hohes Risiko des Scheiterns birgt – ist zweifellos nicht erstrebenswert.
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