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Brennpunkt Gericht, Insolvenz und Datenschutz
Nicht nur bei Zöllen würden die Kosten und der Aufwand massiv steigen: Auch bei Insolvenzen und Gerichtsprozessen hätten heimische Firmen enorme Nachteile, erklärt WU-Professor Georg Kodek, wissenschaftlicher Leiter des Master of Legal Studies (European Business Law) an der WU Executive Academy. Er rät österreichischen Unternehmen daher dringend zur Auseinandersetzung mit den Folgen speziell in drei Bereichen: vor Gericht, bei Insolvenzen und beim Datenschutz.
Noch ist nicht klar, ob die Brexit-Verhandlungen zwischen Großbritannien und der Europäischen Union scheitern werden oder ob eine gemeinsame Zollunion weiterbestehen wird. Bis kommenden Oktober sollen die Verhandlungen abgeschlossen sein, ab 30. 3. 2019 ist Großbritannien laut Plan nicht mehr Mitglied der Union.
Ein harter Brexit hätte jedenfalls massive Folgen für österreichische Unternehmen, die Handelsbeziehungen ins britische Königreich verfolgen, sagt Georg Kodek, der nicht nur Vorstand der Abteilung für Unternehmensrecht an der WU, sondern auch Hofrat am Obersten Gerichtshofs ist.
Großbritannien gehört zu den zehn wichtigsten Handels- und Wirtschaftspartnern Österreichs. Das bilaterale Handels- und Dienstleistungsvolumen beträgt rund elf Mrd. Euro, 250 heimische Betriebe haben in Großbritannien rund sieben Mrd. Euro investiert und beschäftigen dort 37.000 Menschen.
Ein harter Brexit hätte laut Georg Kodek massive Nachteile für heimische Unternehmen und KonsumentInnen:
Vor Gericht: Kommt es nach einem harten Brexit zu einem Prozess etwa wegen einer unternehmensrechtlichen Streitigkeit, wird es für österreichische Unternehmen teuer. Denn wo jetzt das EU-Recht den Prozessort regelt und das Urteil in der gesamten EU gültig ist, wird nach einem harten Brexit doppelt gemoppelt. Das Urteil eines Gerichts eines EU-Mitgliedstaates gilt dann EU-weit – aber nicht mehr in Großbritannien. Der Prozess müsste also auf britischem Boden wiederholt werden, mit britischen AnwältInnen, RechtsberaterInnen und eventuell DolmetscherInnen. Das käme den betroffenen Unternehmen teuer zu stehen.
Bei Insolvenzen: Eine Insolvenz wird EU-weit einheitlich von der Europäischen Insolvenzverordnung geregelt. Ein österreichisches Unternehmen kann sich per Restschuldbefreiung legal entschulden – das gilt auch für GläubigerInnen in anderen EU-Mitgliedsstaaten. Nach dem harten Brexit müssten britische GläubigerInnen weiterhin bedient werden – bzw. müsste ein entsprechendes Verfahren auf britischem Boden stattfinden. Auch das verursache wieder Kosten.
Im Datenschutz: Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) der Europäischen Union wäre für Großbritannien obsolet. Unternehmen oder KonsumentInnen, die ihre Daten an britische Firmen und Organisationen weitergeben, wären mit der DSGVO nicht mehr geschützt. Auch hier herrscht Rechtsunsicherheit, solange es keine klaren nationalen Verordnungen in Großbritannien gibt.
Diese Rechtsunsicherheit bzw. die wohl hohen Folgekosten schrecken vor allem Klein- und Mittelbetriebe künftig ab, in Großbritannien tätig zu werden oder Wirtschaftsbeziehungen dorthin zu unterhalten.
Prof. Georg Kodek
Österreichische Unternehmen sollten sich auf das Worst Case Scenario vorbereiten und den harten Brexit als möglichen Ausgang der Verhandlungen zwischen der EU und Großbritannien erwägen. Es ist sicher hilfreich, mögliche wirtschaftliche und rechtliche Folgen und Szenarien gedanklich durchzuspielen. Ich hoffe, dass ein Restfunken Vernunft bleibt und das Ergebnis der Verhandlungen ein softer Brexit sein wird – und somit die bisherigen Regelungen zwischen Großbritannien und der EU in bilateralen Verträgen verlängert werden.
Der Brexit und noch viele andere Themen sind Bestandteil des Master of Legal Studies (European Business Law). Mehr Informationen zu diesem Programm erfahren Sie hier.