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Wie man Megatrends rechtzeitig erkennt und in die Unternehmensstrategie integriert
Das strategische Erkennen und Nutzen von Trends ist für Unternehmen heute keine Kür mehr, sondern Pflicht. Wie aber kann es Unternehmen gelingen, in Anbetracht der immer größer werdenden Informationsflut unserer digitalisierten und globalisierten Welt den Überblick zu behalten? Trendforscher René Massatti und Management-Stratege Bernhard Scherzinger, die sich dem Thema Trendspotting im neuen Kurzprogramm „Strategisches Management für Führungskräfte“ der WU Executive Academy umfassend widmen, erklären, wie man echte Trends von Hypes unterscheiden kann und wie sich Unternehmen ein professionelles Trendmanagement aufbauen können.
Hinterher ist man immer schlauer: Ende der 1970er meinte der Chef eines der einflussreichsten IT-Unternehmens dieser Zeit, Digital Equipment, kein Mensch brauche daheim einen Computer. Ken Olsen hatte den Trend gar nicht oder zumindest nicht rechtzeitig erkannt. Sein Unternehmen ist in der Bedeutungslosigkeit verschwunden und so könnte es vielen anderen gehen, die nicht aktiv auf Corporate Trendspotting – so der Begriff für das professionelle Erkennen und Nutzen von Trends in Unternehmen – setzen. Die rasante technologische Weiterentwicklung und die derzeitige wirtschaftliche Schieflage wegen der Corona-Krise machen Corporate Trendspotting zu einer echten Überlebensfrage.
Das frühzeitige Erkennen von Entwicklungen ist eine Technik, die Unternehmen einen klaren Wettbewerbsvorteil verschaffen kann und daher elementarer Teil jeder Unternehmensstrategie sein muss. „Bei der Entwicklung einer Strategie sind zwei Fragen unverzichtbar: Welche Trends sind für mich relevant? Und welche nicht?“, sagt Bernhard Scherzinger, Geschäftsführer des Wiener Beratungsunternehmens Management Results Consulting. Das Aufspüren von Trends ist vom unterschätzten und ein wenig belächelten Randthema in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt. Der Grund: Wenn sich Unternehmen nicht mit strategischen Kernfragen wie Trendspotting auseinandersetzen, können sie ins Trudeln geraten.
Bernhard Scherzinger
Rund 60 Prozent der Unternehmen, die bankrottgehen, merken erst ein Jahr davor, dass sie ein Problem haben. Unternehmen sind daher gut beraten, sich genau zu fragen, was um sie herum geschieht und wie sie besser darauf reagieren können als andere – und im Moment ist das eben besonders wichtig, weil die Bedingungen noch unsichererer und volatiler sind als sonst.
Auch nach Ansicht von René Massatti, Brand Ambassador des Hamburger Trendfoschungsunternehmens TrendONE, kann es sich heute kein Unternehmen mehr leisten, auf Trendforschung zu verzichten. „Man braucht allerdings dafür die passende Infrastruktur, damit die relevanten Trends erkannt und aufgespürt werden können.“ In diesem Fall schafft man es, statt punktueller Beschäftigung mit Trends ein kontinuierliches Trendmanagement zu etablieren – nur das kann langfristig zum Erfolg führen.
Der Aufbau eines professionellen Trendmanagements erfolgt in der Set-Up-Phase etwa durch Workshops, in denen Ziele definiert werden und ein für das jeweilige Unternehmen maßgeschneidertes Trendradar aufgebaut wird. „Wenn es ein solches Trendradar gibt, um möglichst wenig zu versäumen, hat man bereits viel richtig gemacht“, betont René Massatti. Eine Kernfrage ist außerdem die Unterscheidung zwischen Hypes, die wenig Auswirkungen haben, und echten, lange anhaltenden Trends. „Es beginnt oft langsam und im Kleinen. Wichtig ist es, mögliche Trends eine Zeitlang intensiv zu beobachten“, empfiehlt Scherzinger.
In weiterer Folge ist es wichtig, ein effizientes Trendmanagement-System zu haben, über das relevante Informationen an die Entscheidungsträger*innen herangetragen werden. Das umfasst unter anderem die Bestimmung eines Kommunikationsplans und der entsprechenden Interaktionsformate, etwa regelmäßige Meetings, Events oder Workshops. „Das ist eine organisatorische Aufgabe, die auch höchst politisch ist“, so Massatti.
Was die Umsetzung des eigenen Trendspottings anbelangt, haben sich laut Massatti drei Schritte bewährt:
Observe: In einem ersten Schritt geht es darum, wichtige Themen zu beobachten. Davor muss definiert werden, wer sich im Unternehmen darum kümmert – das könnte beispielsweise die IT- oder Business Development-Abteilung sein. Langfristig zahlt es sich aus, einen Pool an Quellen und Expert*innen aufzubauen, mit deren Hilfe man den Überblick behält.
Understand: Es folgt die grundlegende Analyse, bei der unter anderem die Reife des Trends, mögliche Auswirkungen und bisher erfolgte Adaptionen durch andere Unternehmen wie etwa Marktführer*innen oder Mitkonkurrent*innen (auch in anderen Branchen) beurteilt werden sollen. Immer wieder gibt es Entwicklungen, die branchenübergreifende Bedeutung haben – zumal die Grenzen ohnehin verschwinden, denken wir nur an Energieversorger, die als Internet-Provider auftreten.
Transfer: Der abschließende Schritt ist die konkrete Umsetzung in der Produktentwicklung, bei der Methoden wie Design Thinking zur Anwendung kommen.
Eine mögliche Hürde für ein wirkungsvolles Management von Trends ist eine Unternehmenskultur, bei der Innovationen nicht forciert werden und Ideen bereits im Keim ersticken.
René Massati
Auch können Hierarchien ein echtes Problem sein – in diesem Fall werden Dinge aus machtpolitischen Gründen verbockt.
Hürden sind außerdem die Selbstüberschätzung des Unternehmens und ein Übermaß an Optimismus, ganz nach dem Motto: Wir sind unantastbar. „Als Unternehmen muss ich mich aber ständig fragen: Was ist das Schlimmste, das mir passieren kann?“, rät Scherzinger.
Es sind übrigens keineswegs nur Technologieunternehmen, die auf Corporate Trendspotting setzen sollten. „Ein Einsatz zahlt sich quer durch alle Bereiche aus, in manchen Branchen geschehen Veränderungen eben rascher“, betont Massatti. In der Stahlbranche beispielsweise gibt es längere Zyklen als etwa in der IT; Trends sollten unbedingt in Unternehmen aller Sparten beobachtet und genützt werden – diese sind ja nicht nur in technologischen Entwicklungen begründet: „Denken wir etwa an die Finanzbranche, da spielt unter anderem das geänderte Nutzerverhalten eine Rolle. Daher ist es weniger ein technisches, als vielmehr ein kulturelles Thema. Und das ist gleichzeitig auch das faszinierende am Trendspotting: Es ist so facettenreich.“
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