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5 toxische Praktiken und wie man sie vermeidet
Falsch angewandt kann Projektmanagement großen Schaden anrichten: die Bandbreite reicht dabei von astronomischen Kostenexplosionen über Frustration im gesamten Team bis hin zur Insolvenz eines traditionsreichen Unternehmens. Projektmanagement-Expertin Martina Huemann analysiert die fünf größten Projektmanagement-Fallstricke in der Praxis und gibt konkrete Tipps, was Unternehmen tun können, damit das Projektmanagement nicht toxisch wird, sondern sein volles Potenzial entfalten kann.
Am Anfang war der Stress – am Ende ist das Projekt ein Rohrkrepierer, die Kosten sind explodiert und die Stimmung im Team ist am Tiefpunkt.
Martina Huemann, wissenschaftliche Leiterin des MBA Strategic Project Management der WU Executive Academy, und langjährige PM-Consultant, skizziert fünf toxische Wege, die Projekte vergiften können – und bietet ein wirksames Gegenmittel:
Das Budget ist zu eng gesteckt, die Ziele sind zu hoch – und der Zeitplan ist viel zu eng durchgetaktet und terminisiert. Dann helfen nur noch Druck und Tempo, oder? „Läuft man schneller, ist man schneller dort – diese Denke ist bei Projekten leider noch immer weit verbreitet“, sagt Martina Huemann. Mit dem Effekt, dass die Beteiligten unter Zeitdruck mit blindem Aktionismus um sich schlagen. „Dann wird getan und gehandelt, noch ehe gedacht wird. Wenn man nicht klar weiß, was man genau entwickeln und umsetzen will, wenn Enduser*in und Stakeholder*innen nicht einbezogen werden, sind Probleme vorprogrammiert“, gibt die Expertin zu bedenken. „Dann wird die Softwarelösung gekauft, einfach, weil sie im Trend liegt und Mitbewerber*in X sie auch hat – ohne den Sinn und Zweck und die Kompatibilität zu bestehenden IT-Programmen zu hinterfragen“, sagt Huemann.
Die Lösung: Begeben Sie sich als Projektmanager*in von der Ausführungs- in die Gestaltungsrolle – holen Sie sich dafür die Unterstützung der Geschäftsführung. Treten Sie vor dem Start eines Projekts bewusst einen Schritt zurück und hinterfragen Sie den Sinn und das Ziel: „Es wird immer mehr zur gestalterischen Aufgabe von Projektmanager*innen, den Ball an die Auftraggeber*innen zurückzuspielen und für Klarheit und Realismus zu sorgen. Sonst fällt ihnen später die Umsetzung auf den Kopf und sie müssen als Sündenbock herhalten“, sagt sie. „Auch die Design-Thinking-Methode kann im Projektmanagement sehr hilfreich sein, um im Vorfeld Sinn, Ziele und Erwartungen abzustecken und in der Umsetzung via Rapid Prototyping Piloten zu entwickeln, die dann rasch und effizient am Markt getestet und weiterentwickelt werden“, so Martina Huemann.
Das Projekt läuft schon seit fünf Jahren und wurde – beinahe unbemerkt - am Marktbedarf vorbeigeplant – ein Erfolg ist aber nicht mehr in Sicht? Der Vorstand hat bereits zweimal bereits das Budget beträchtlich erhöht. Da bereits sehr viel Geld ausgegeben wurde, ein Misserfolg nicht zugestanden werden kann, wurstelt man eben weiter. Die Projektauftraggeber*innen, das Steering Committee steckt den Kopf in den Sand und wollen nicht die Verantwortung übernehmen, das Projekt zu stoppen.
Die Lösung: Das Einzige, was hier hilft: jemand, der den Mut hat, die Dinge klar zu benennen und der dazu aufruft, vom toten Pferd abzusteigen. Auch wenn es mit großem Aufwand, Kosten und viel Frustration einhergehen wird. Das Motto muss aber sein: Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. „Mein persönlicher Tipp: Wenn es gar nicht mehr geht, sie als Projektmanager*in die Krise sehen, aber ignoriert werden, holen sie sich insbesondere bei Großprojekten Unterstützung von außen. Ein Projekt-Audit kann Wunder bewirken und ein Projekt stoppen. Sunk Costs dürfen nicht dazu führen weiterzumachen.
In der Vorstellung der Auftraggeber*innen sollte es das Prestigeprojekt des Jahrhunderts werden, das die eigene Größe, Macht und Strahlkraft widerspiegeln sollte. Nur, außer Kosten und Spesen nichts gewesen? Wie Projekte außer Rand und Band geraten können, zeigt zum Beispiel der Berliner Flughafen. Für eine tolle Kreativ-Stadt wie Berlin hätten auch Low-Tech Container Flughafen sehr gut passen können und ein Statement setzen können.
Die Lösung: Trauen sie sich, Nein zu sagen. Das ist eine Frage des Selbstverständnisses, kommt aber nach wie vor in der Praxis viel zu selten vor. Die Zeit der Projektmanager*in nur als Umsetzer*in ist endgültig vorbei. Fühlen sie sich als Projektmanager*in auch für den Business Case verantwortlich und achten sie insbesondere auf Nachhaltigkeit: Passt der ökonomische, ökologische und soziale Nutzen? Achten Sie bewusst darauf, dass Sie – gemeinsam mit den Auftraggeber*innen und Ihrem Team - das Projekt an den tatsächlichen Bedarf, das Unternehmen und die Zielgruppe anpassen. Das schont Ressourcen und vor allem Nerven bei allen Beteiligten. Seinen sie mutig und kreieren Sie stets nachhaltigen Nutzen mit ihrem Projekt.
Es sind Fehler passiert, Informationen wurden nicht weitergegeben, Kostenkalkulationen haben mit der Realität nichts zu tun, die Zusammenarbeit mit Stakeholder*innen funktioniert nicht, oder wichtige Daten wurden verschlampt? Wenn dann keiner der Schuldige sein will und lieber Fehler vertuscht oder ignoriert werden, kann die Lage schnell kritisch werden.
Martina Huemann
Viele Projekte könnten gerettet oder der Schaden zumindest begrenzt werden, wenn die Beteiligten den Mut hätten, Fehler offen anzusprechen und das Projekt lösungsorientiert und konstruktiv in bessere Bahnen zu lenken.
Die Lösung: Hier fehlt es laut der Expertin eindeutig an gelebter Fehlerkultur in vielen Unternehmen. Solche Rohrkrepierer sollte man daher zum Anlass nehmen, die Kultur im Umgang mit Fehlern neu zu überdenken, Fehler zeitnah anzusprechen und vor allem die offene Kommunikation darüber zuzulassen.
Gerade in Konzernen beliebt sind laut Martina Huemann ausgiebige und akribische Vorgaben zu Projektmanagement Standards und Dokumentationen von Projektverläufen, die Projektmanager*innen in den Wahnsinn treiben können. „Mit so einem rigiden Korsett werden wertvolle Zeit und Ressourcen verschwendet, die man besser nützen könnte, um das Projekt am Markt und mit den Stakeholder*innen abzustimmen“, so Huemann.
Die Lösung: Sprengen Sie – wenn möglich - das Korsett. Planung und Dokumentation sind wichtig, aber wählen Sie einen pragmatischen Zugang. Nach dem Motto: So viel wie notwendig, aber nicht mehr als nötig. Als Projektmanager*in sind Sie ein mitgestaltender Intrapreneur und tragen auch Verantwortung, wie Sie den Prozess gestalten und welches Projektvorgehensmodell Sie wählen. Adaptiv? Prediktiv? Hybrid? Hängt stark auch von Ihren Projektauftraggeber*innen ab, wie bereit sie sind, sich auf das Projekt einzulassen. Wobei eine agile Vorgehensweise aber nicht notwendigerweise bedeutet, dass Sie nichts mehr dokumentieren, auch hier gibt es klare Vorgaben. Auf jeden Fall nutzen Sie digitale Infrastruktur in Projekten, um die Nachvollziehbarkeit und eine transparente Zusammenarbeit alle Projektbeteiligten aktiv zu unterstützen.
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