Anleitung für Projekt Management während der Krise

30. Juni 2020

Was ProjektmanagerInnen jetzt wissen sollten

Die Wirtschaft steht unter Schock, noch sind die Auswirkungen der Corona-Krise in ihrer ganzen Tragweite nicht absehbar. Fest steht aber, dass es in vielen Branchen gravierende Einbußen gibt. Der rasche, möglichst nachhaltige Wiederaufbau ist nun vorrangiges Ziel – dafür ist professionelles (Krisen-) Projektmanagement (PM) unerlässlich. Was ProjektmanagerInnen in Zeiten der (Corona-) Krise am besten tun sollten, über welche Kompetenzen sie verfügen müssen und wie sie sich optimal auf die Zeit nach der Krise vorbereiten, analysiert Prof. Martina Huemann, wissenschaftliche Leiterin des Professional MBA Project Management.

Bild einer Gruppe des Projektmanagement
Professionelles (Krisen-) Projektmanagement ist in Zeiten wie diesen unerlässlich für raschen, nachhaltigen Wiederaufbau. Foto © CC0 License

„In dieser schwierigen Zeit mit dramatischen Einschränkungen etwa durch Produktionsausfälle, Kurzarbeit oder behördliche Auflagen ist solides Krisen-Projektmanagement gefragt. Was es dafür braucht, sind ProjektmanagerInnen mit Fach-Wissen, Leadership-Erfahrung und der richtigen Einstellung“, sagt PM-Expertin Martina Huemann, die auch Leiterin der Projektmanagement Group der WU Wien ist.

Drei Optionen für laufende Projekte

Unabhängig von Art, Umfang oder Komplexität sind derzeit viele Projekte selbst von der Krise betroffen, quer durch alle Branchen. Vielfach mangelt es jetzt nämlich an den nötigen Ressourcen. Daher braucht es zunächst eine grundlegende Einschätzung der Lage. Nach Ansicht von Martina Huemann gibt es für das Projektmanagement derzeit drei konkrete Szenarien, um bei laufenden Projekten auf die aktuellen Herausforderungen zu reagieren:

1. Alternativen zum derzeitigen Projekt suchen

Welche anderen Optionen gibt es? Welche zusätzlichen Ressourcen, sowohl personeller als auch finanzieller Natur, wären dafür notwendig? Steht der Aufwand im Verhältnis zum erzielbaren Ergebnis?

2. Projekt abbrechen

Manchmal ist es sinnvoll, ein Projekt trotz der bereits geleisteten Arbeit und eingesetzten Mittel abzubrechen. „Einen derartigen Schritt empfehle ich dann, wenn der Business Case hinter dem Projekt nicht mehr passt. Mit anderen Worten: Wenn der Nutzen, der durch das Projekt erzielt werden soll, nicht mehr erzielt werden kann, dann sollten ProjektmanagerInnen ein Projekt abbrechen, weil die Kosten einer Weiterführung höher wären als jene, die bei einem Abbruch entstehen. Zugegebenermaßen ist das keine leichte Entscheidung. Genau hier braucht es die so wichtige PM-Leadership-Erfahrung“, so Martina Huemann.

Bild einer roten Ampel, symbolisch für den Abbruch des Projektmanagement
Ein Projekt, sollte nicht voreilig abgebrochen werden, dennoch kann es manchmal sinnvoll sein. Foto © CC0 Licence

3. Projekt unterbrechen

Für Huemann ist die dritte Variante jene, die derzeit am häufigsten gewählt wird und auch oft die plausibelste. „Wir sollten nicht alles fallen lassen, denn sonst wird es später schwierig.“ Auf diese Weise lassen sich Ressourcen und das Projektteam für die nächste Phase – also den Wiederaufbau und die rasche Rückkehr zur Normalität – sichern. Wichtig sei es aber, die Projekte „sauber zu unterbrechen und transparent an alle Betroffenen zu kommunizieren“. Beispielsweise müssen die StakeholderInnen darüber informiert werden, dass es zu einer Unterbrechung kommt, es aber einen ganz konkreten Plan mit allen Timelines und Einzelheiten zur Wiederaufnahme gibt. Das bedeutet auch, dass ProjektmanagerInnen alle bisher erzielten Ergebnisse detailliert sichern, um nach der Projektunterbrechung gemeinsam mit dem Projektteam so schnell wie möglich an dem Projekt weiterarbeiten zu können.

So passen sich ProjektmanagerInnen an

Wie gehen ProjektmanagerInnen jetzt am besten mit der Situation um? Einerseits könnten Projekte unterbrochen werden, andererseits investieren viele Unternehmen jetzt in andere Businessmodelle. „Denken Sie etwa an uns Weiterbildungsanbieter. Von einem Tag auf den anderen konnten wir den Unterricht nicht mehr in der Klasse durchführen, sondern mussten unser gesamtes Angebot so schnell wie möglich in die Online-Welt übertragen. Das ist ein echter Kraftakt und genau dafür braucht es ein Projekt“, sagt Huemann. Die Grundlage für dessen Gelingen ist das „Get it done“-Mindset, über das viele erfahrene ProjektmanagerInnen verfügen.

Portrait Martina Huemann

Prof. Martina Huemann

  • Wissenschaftliche Leiterin des Professional MBA Project Management

Das „Get it done“-Mindset bedeutet in kurzer Zeit wirklich gute Ergebnisse schaffen zu wollen: Intrinsische Motivation und Geschwindigkeit, klare Prioritäten und Ziele, transparente Strukturen und sauber abgestimmte Termine, um die Selbstorganisation des Teams zu unterstützen, denn alle müssen jetzt an einem Strang ziehen.

Auch wenn die Geschwindigkeit ihre Grenzen hat, denn manche Projekte – Stichwort Baubranche – lassen sich eben nicht rascher abwickeln. In jedem Fall ist es nach Ansicht von Martina Huemann sinnvoll, das Projekt in unterschiedliche Einzel-Schritte aufzuteilen, ohne dabei den Gesamtüberblick zu verlieren. Agiles Arbeiten bei kontinuierlicher Abstimmung mit den ProjektauftraggeberInen können hier helfen, rasch Zwischenergebnisse zu erzielen und so einen – auch psychologisch so wichtigen – Fortschritt zu erkennen. Sich darauf einzulassen und Neues und Unkonventionelles auszuprobieren, erfordert das richtige Mindset.

Was ProjektmanagerInnen jetzt können müssen

Sind in der Krise und in den nachfolgenden Zeiten andere Fähigkeiten und Kenntnisse im Projektmanagement gefragt? „Ich denke nicht, dass es grundlegend andere Fähigkeiten sind“, meint Huemann. Die Krise zeige eher auf, welche davon besonders wichtig sind – zum Beispiel echtes Leadership im Projekt, gute Kommunikation und der Wille, Selbstorganisation des Teams zuzulassen und dennoch eine Richtung zu verfolgen. Nur durch Selbstorganisation sind schnelle Entscheidungen und ein gemeinsames zielgerichtetes Arbeiten möglich, um rasch gute Ergebnisse zu erzielen. Und Projektmanagement in der Krise ist auch eine Frage der Resilienz: ProjektmanagerInnen müssen „aushalten können, was kommt.“ Sinnvoll ist es jedenfalls, im Trial-and-Error-Verfahren - ganz im Sinne des „Rapid Prototyping oder Double-Loop Learning - verschiedene Möglichkeiten auszuloten, die schlechten rasch wieder zu verwerfen und die guten konsequent weiterzuverfolgen.

Bild einer falschen Gleichung
In Krisenzeiten ist es sinnvoll im Trial and Error Verfahren verschiedene Möglichkeiten auszuloten. Foto © CC0 License

Projekte für den Wiederaufbau vorantreiben

Nach der Krise kommt der Wiederaufbau – das steht fest. Dann muss das fortgesetzt werden, was an neuen Ideen und neuen Geschäftsmodellen entwickelt wurde. Projekte eignen sich ja nicht nur für den kurzfristigen Wandel, sondern ebenso für einen langfristigen Aufbau. „Es geht um einen strukturierten Change-Prozess, damit sich ein Unternehmen nicht nur ein bisschen verändert, sondern eine echte Transformation durchlebt“, erläutert die Projektmanagement-Expertin. Ein Beispiel dafür sei die Rückkehr aus dem Home-Office in die übliche Arbeitsumgebung. Dabei wollen viele StakeholderInnen, so auch der Betriebsrat mitreden. „Wie das Arbeiten unter normalen Bedingungen wieder möglich gemacht wird, hat ja langfristige Auswirkungen, die weit über das Ende einer Krise hinausreichen.“

Der Bedarf an Projektmanagement steigt weiter

Gerade in Zeiten der Veränderung, sind ProjektmanagerInnen besonders gefragt– es braucht jetzt Profis, die Strukturen in eine chaotische Situation bringen und die Methodik kennen, solche Veränderungen einzuleiten und nachhaltig fortzusetzten. Martina Huemann: „Professionelles Projektmanagement ist das unternehmerische Rettungsseil, das in jeder Krise funktioniert. Denn es gibt den Unternehmen und den MitarbeiterInnen die in der Krise so wichtige Orientierung, um einen Wandel, eine neue Strategie in konkrete Ziele herunterzubrechen, auf die man gezielt hinarbeiten kann. Mit smart aufgesetzten Projekten sind wir in der Lage, für uns alle eine positive Zukunft zu kreieren.“

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