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Vortrag von Obama-Berater Nipun Mehta
Nipun Mehta, Berater des ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama, gab vor kurzem an der WU Executive Academy erstaunliche Einblick in die Kraft des sogenannten „Giftivism“. Warum eine Kultur des Gebens nicht nur die Gesellschaft verändern, sondern auch Unternehmen erfolgreicher machen kann, erklärte der Mitbegründer der „gift economy“ in seiner Keynote an diesem außergewöhnlichen Abend.
Nipun Mehta hätte Karriere bei Sun Microsystems im Silicon Valley machen können. Doch der charmante Inder kündigte mit Anfang 20 seinen gut dotierten Job, um sich dem Geben zu widmen. Mit Freunden gründete er Service Space, eine NGO-Plattform für Freiwilligenarbeit mit mittlerweile mehr als 500.000 Freiwilligen weltweit. Und er hat den Giftivism ins Leben gerufen: eine Mischung aus Schenken und Aktivismus. Seit 20 Jahren beschäftigt er sich mit dem Ansatz der „gift economy“. Damit reist er um die Welt, um das Geben als Handlungsmaxime für neues Wirtschaften und das Leben an sich zu verbreiten.
Nipun Mehta erregte damit so viel Aufsehen, dass sogar der frühere US-Präsident Barack Obama auf ihn aufmerksam wurde und ihn in seinen Beraterstab zum Thema Armut holte. Wer gibt, dem wird gegeben, heißt es nicht nur in der Bibel. Mehta verweist auf die Harvard-Forschung, die besagt: Die weitverbreitete Annahme, dass Menschen in der Regel von Geiz oder Neid geleitet werden, ist völlig falsch. Menschen, die geben, aktivieren in ihrem Gehirn das Belohnungssystem. Wer gibt, der belohnt sich also selbst, und zwar nachhaltig: Jemand, der 50 Euro erhält und diese an jemanden weiterverschenkt, aktiviert sein Belohnungssystem im Gehirn über einen viel längeren Zeitraum als jemand, der das Geld zum Shoppen ausgibt.
Aber die Ökonomie des Gebens kann nicht nur persönlich und gesellschaftlich viel verändern, sondern auch Unternehmen wirtschaftlich erfolgreicher machen. Auch hier verweist Mehta auf die Forschung. Der Psychologe und berühmte Autor Adam Grant identifizierte drei Persönlichkeitstypen: Geber, Nehmer und die zwischen beiden Polen wechselnden Matcher. Konsistente Geber würden zuerst auf das Gute für das Kollektiv, das Team, die Organisation achten. Sie wären ein Vorbild und würden die Matcher auch zum Geben motivieren. „Sie sind enthusiastisch, haben mehr Willensstärke, können andere aktivieren und machen Teams produktiver“, sagt Nipun Mehta. Werden Geber zu Führungskräften, könnten sie viel Gutes bewegen: „Sie erweitern das Wertesystem.“ So würde das Team sich stärker am Gemeinwohl oder an den „guten“ Zielen für das Unternehmen orientieren.
Das Motto lautet: Weg von der direkten Reziprozität (ich gebe dir, du gibst mir), hin zur Beziehung ohne Reziprozität (ich gebe dir, du gibst einem anderen und der wieder einem ganz anderen). Der Effekt des Gebens potenziere sich auf diese Weise zu einer unendlichen Gegenseitigkeit, wo alles zurückkommt und das Gute sich stetig vermehrt. Damit dies gelingt, braucht es lediglich einen konsequenten Geber, der eine Kultur des Gebens etabliert – andere folgen ganz automatisch. Ein Prinzip, das laut Nipun Mehta, übrigens nicht nur in der Familie oder in Zweierbeziehungen funktioniere, sondern gerade auch im unternehmerischen Kontext.
„Es ist an der Zeit, dass Organisationen umdenken“, sagt Mehta. „Sie müssen lernen zu verstehen, dass es nicht nur um das finanzielle Kapital als Anreiz und Motivation geht. Präsident Obama hat es so treffend formuliert: Es gibt verschiedene Formen von Kapital, es ist sozial, informativ, erfahrungsbezogen, spirituell, emotional, naturbezogen und kulturell.“ Besonders wichtig in diesem Zusammenhang sei es, stärker auf die individuellen Potenziale der Mitarbeiter zu achten. „In jedem von uns gibt es etwas, dass er oder sie besonders gut kann“, zeigt Mehta mit dem Business Case von SAP auf. Der Konzern stellt autistische Menschen bewusst aufgrund ihrer außergewöhnlichen Stärken ein und erhielt dafür viel mediale Aufmerksamkeit.
Auch für die Führungskräfte dieser Welt hat Nipun Mehta einen ganz konkreten Tipp parat: „Schon mal Laddership probiert? Wir müssen von Leadership zu Laddership kommen“, sagt Mehta augenzwinkernd und meint es aber ernst. Bei Laddership handelt es sich um eine Art Accelerator für Führungskräfte und Change-Makers. Während klassisches Leadership zentralisiert sei, mit Orientierung an Plänen und deren Ausführung, Effizienz und Zahlen, sei Laddership gänzlich anders angelegt: Es geht vor allem um die Beziehungen von Menschen zu einender, um ein Ökosystem, in dem jeder mit jedem in Verbindung steht und es allen eine intrinsische Motivation ist, von unten etwas nach oben (=Ladder) entstehen zu lassen. „Hier braucht es natürlich einen ganz anderen Leadership-Ansatz. Führungskräfte, die Laddership praktizieren, sagen nicht mehr, wie wir es machen, wo die Reise hingeht und wie viel Zeit wir dafür haben. Sie stoßen Aktivitäten und Projekte mit kleinen „nudges“ an und verstärken Initiativen aktiv, wo sie es für richtig und wichtig halten“, so Mehta.
Nipun Mehta
Natürlich braucht es auch klassisches Leadership, es geht also nicht um ein entweder oder. Aber wenn Leadership und Laddership gut ausbalanciert zur Anwendung kommen, bewirkt das eine große Veränderung für alle und schafft ganz nebenbei einen echten Mehrwert.
Geben als Haltung bringe laut Nipun Mehta echte Change-Makers hervor. Soziale Veränderungen sei erst durch Menschen wie Gandhi oder Mutter Teresa möglich geworden, die abertausende Menschen bewegt haben. Das Publikum war sichtlich bewegt. Nipun Mehta schloss seinen Vortrag mit einem seiner berühmtesten Zitate, das ihn seit über zwei Jahrzehnten begleitet: „When what we do is in service to who we are becoming, we shake the world.”
An der WU Executive Academy finden viele interessante Events, wie der Vortrag von Nipun Mehta, statt. Alle Informationen zu kommenden Veranstaltungen, finden Sie hier.