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Artificial vs. MBA-Intelligence: Wer ist innovativer? ChatGPT oder MBA-Studierende?

Künstlicher Intelligenz (KI) sind mittlerweile kaum noch Grenzen gesetzt: Sie erstellt in kürzester Zeit anspruchsvolle Texte, analysiert Finanzdaten oder beantwortet automatisiert Kund*innenanfragen – und das in verblüffender Qualität. Zahlreiche „White-Collar“ Berufe stehen deshalb gerade auf dem Prüfstand und viele Menschen haben Angst davor, ihre Jobs zu verlieren.

Nikolaus Franke Portrait - 2022 WU Wien
Geschrieben von

Kann die KI auftrumpfen?

... und kann KI auch Innovation? Wie sieht es mit unternehmerischen Leistungen wie etwa dem Erstellen einer Innovationsstrategie aus? Nikolaus Franke, wissenschaftlicher Leiter des MBA Entrepreneurship & Innovation, hat die Probe aufs Exempel gemacht und genau das gemeinsam mit seinen MBA-Studierenden ausprobiert.

KI am Prüfstand: Die Untersuchungsanordnung

Wir haben 21 MBA-Studierenden der Spezialisierung Entrepreneurship & Innovation eine Aufgabe gegeben, die unternehmerische Kreativität erfordert. Wie reagiert man, wenn man als kleines Unternehmen eine herausragende Innovationsidee hat, sie aber nicht schützen kann? Der historische Fall des Unternehmers Robert Taylor diente als Aufgabe. Er hatte per Zufall eine vielversprechende Innovation gefunden. Die Spaghetti-Test-Strategie bezeichnet das Vorgehen, dass man sehr viele Ideen testet und ausprobiert, welche am besten funktioniert – so wie nur eine oder wenige Spaghetti kleben bleiben, wenn man sie an die Wand wirft.

So lief die Challenge ab

Die Studierenden bekamen 5 Minuten Zeit, um einen individuellen Vorschlag zu erstellen. Die Zeit war so knapp bemessen, dass sie im Grunde sofort losschreiben mussten – für jedes Wort hatten sie nur eine gute Sekunde Zeit. Nachdenken und Überlegen war im Grunde kaum möglich. Der Grund für diese extreme Zeitbeschränkung war, dass wir den Studierenden ähnliche Bedingungen wie ChatGPT geben wollten. Natürlich wären mit mehr Zeit auch ausgefeiltere Lösungen möglich gewesen.

ChatGPT erledigte die Aufgabe erwartungsgemäß sehr schnell. Allerdings musste mehrfach nachgefasst werden: Die erste Antwort war mit 340 Worten deutlich länger als erlaubt. Als ich nochmals betonte, dass 200 Worte das Maximum darstellen würde, lieferte ChatGPT frech 233 Worte. Nach einer ernsten Ermahnung reagierte die KI dann jedoch sehr menschlich und lieferte kleinlaut eine mit 135 Worten deutlich kürzere Lösung als nötig. Doch ChatGPT verarbeitete die Zurechtweisung schnell. Auf meine wohlwollende Klarstellung, dass es doch ruhig 200 Worte nutzen könne, brachte es erneut eine zu ausführliche Lösung von 216 Worten. Erst die fünfte Fassung (183 Worte) kam in die Nähe der erlaubten Wortzahl.

Angaben für die KI / Prompt

  • 1964: Entrepreneur Robert Taylor founds personal-care products company Minnetonka

    Corporation

  • Strong innovation focus, “Spaghetti test” strategy

  • 1977: Development of the first liquid soap in a pump dispenser — eliminates the puddle of soap ooze messing bathrooms

  • “Softsoap” test market results are very positive, Taylor wants to go national

  • Problem 1: No patent protection possible

  • Problem 2: Taylor had experienced imitation problems before: “I can remember when I saw the Clairol knock-off of our shampoo ... we create the concept and they take it to the market place ... When they moved into drugstores and food stores, our line just withered.”

  • Problem 3: Competitors Armour-Dial, Procter&Gamble, Lever Brothers, Colgate, Palmolive, and some more have much more marketing power, very strong soap brands, and heavy distribution clout

  • Develop a winning innovation strategy (max. 200 words)

So wurde bewertet

Zur Beurteilung wurden die Lösungen an zwei Wissenschaftler*innen mit mehrjähriger Erfahrung im Bereich Entrepreneurship und Innovation gegeben. Die Lösungen waren anonymisiert, d.h. es war nicht zu erkennen, ob sie von Studierenden oder ChatGPT kam.

Außerdem kannten die beiden Evaluator*innen den Kontext der Studie (Vergleich zwischen Mensch und AI) nicht. Sie lieferten unabhängig voneinander eine quantitative Bewertung nach fünf Kriterien.

Das Ergebnis - KI (ChatGPT) vs. MBA Studierende

… war eindeutig (5er-Skala, 1 = sehr gut, 5 = sehr schlecht):

  • Obwohl die MBA-Studierenden sehr unterschiedliche Strategien vorschlugen – mal fokussierten sie sich auf ein konsequentes Branding als Innovator*in, mal schlugen sie ein schrittweises Vorgehen zunächst in Marktnischen vor, um von dort aus den Hauptmarkt zu attackieren (Beachhead Strategy), mal empfahlen sie eine Kooperation mit einem Handelsunternehmen –, waren ihre Lösungen der KI klar überlegen. Die MBA-Strategien wurden durchschnittlich mit 2,4 bewertet.

  • Die Strategie der KI war eine etwas diffuse Mischung aus allen möglichen Strategieelementen und wurde daher mit 4,5 äußerst mäßig bewertet.

Tabelle mit einem Vergleich der Bewertungskriterien von Mensch und Roboter. Die Zeilen listen die Kriterien auf: maßgeschneiderte Strategie, realistische Annahmen, Erfolgswahrscheinlichkeit der Strategie, möglicher Erfolg. Die Spalten zeigen die Bewertungen: Mensch (2,1–3,2); Roboter (4,0–5,0). Text in Deutsch.-WU Executive Academy ©WU Executive Academy
Auch in den einzelnen Kriterien ergaben sich deutliche Unterschiede:

Die MBA-Studierenden produzierten eine spezifische, deutlich besser auf die Situation zugeschnittene Strategie (MBA Studierende: 2,1, ChatGPT: 5,0), ihre Strategie basierte auf realistischeren Annahmen (MBA Studierende: 3,2, ChatGPT: 4,0), hatte eine größere Erfolgswahrscheinlichkeit (MBA Studierende: 3,1, ChatGPT: 4,0) und auch der mögliche Erfolg erschien größer (MBA Studierende: 3,1, ChatGPT: 4,5).

Ergebnis / Fazit

Alles in allem lieferte jede*r der 21 MBA-Studierenden eine bessere Strategie ab als ChatGPT, und ihre Lösungen waren nach jedem der fünf Kriterien überlegen. Und dies, obwohl ChatGPT fünf Anläufe nahm und die Studierenden unter unrealistisch harten Bedingungen sehr spontane Antworten liefern mussten.

Die unternehmerische Intelligenz der MBA-Studierenden ist der KI eindeutig überlegen.

#1 Die beste MBA-Lösung

Da die Hauptbedrohung in der großen Konkurrenz und den geringen Eintrittsbarrieren für ein einfaches Produkt besteht, wäre es eine gute Strategie, mit einer oder mehreren Vertriebsketten wie Einzelhandelsunternehmen zusammenzuarbeiten, die groß genug sind, um so schnell wie möglich einen Großteil des Marktes zu erobern, bevor die Konkurrenz Zeit hat zu reagieren, und das Produkt so weit wie möglich als das originelle und innovative Produkt auf dem Markt zu vermarkten. Wenn dann der Wettbewerb beginnt, können sie immer noch einen großen Prozentsatz des Marktes halten, weil ihre Marke bereits sehr bekannt ist.

#2 Lösungsansatz von ChatGPT

Die erfolgreiche Innovationsstrategie der Minnetonka Corporation sollte mehrere Schlüsselelemente umfassen:


Kontinuierliche Innovation: Schnelle Produktentwicklung und -verbesserungen haben Priorität, um Nachahmern einen Schritt voraus zu sein. Kundenorientierter Fokus: Anpassung der Produkte an die Bedürfnisse und Vorlieben der Kunden durch aktive Feedback-Kanäle. Strategische Allianzen: Gehen Sie Partnerschaften mit nicht konkurrierenden Unternehmen ein, um den Vertrieb zu erweitern und deren Ressourcen zu nutzen.


Robustes Branding: Investieren Sie in Branding- und Marketingmaßnahmen, um eine einzigartige Identität zu schaffen und die Kundenbindung zu stärken. Produktdiversifizierung: Expandieren Sie in verwandte Produktkategorien für Körperpflegeprodukte, um das Risiko zu verringern und den Kundenstamm zu erweitern. Digitale Präsenz: Aufbau einer starken Online-Präsenz, einschließlich E-Commerce-Funktionen, um Kunden direkt zu erreichen. Operative Effizienz: Rationalisierung der Betriebsabläufe zur Aufrechterhaltung einer wettbewerbsfähigen Preisgestaltung. Rechtlicher Schutz: Nutzen Sie Marken, Geschäftsgeheimnisse und andere rechtliche Maßnahmen, um einzigartige Formulierungen zu schützen. Nachhaltigkeitsinitiativen: Setzen Sie auf umweltfreundliche Praktiken, um umweltbewusste Verbraucher anzusprechen.


Marktflexibilität: Behalten Sie die Markttrends im Auge und passen Sie Ihre Strategien schnell an die Veränderungen im Wettbewerbsumfeld an. Durch die Umsetzung dieser Strategien kann Minnetonka patentrechtliche Herausforderungen meistern, Nachahmungen verhindern und effektiv mit stärkeren Konkurrenten konkurrieren und gleichzeitig ein nachhaltiges Wachstum auf dem Markt für Körperpflegeprodukte erzielen.

Was Entrepreneur*innen mit mehr Zeit schaffen: Die geniale Idee des Robert Taylor

Robert Taylor hatte mehr Zeit als die MBA-Studierenden – und es ging für ihn auch um deutlich mehr. Seine damalige Strategie war eine Art „all in“. Ihm war bewusst, dass die etablierten Unternehmen zögern würden. Um genug Zeit für die Etablierung seiner Brand zu schaffen, verlängerte er dieses Zeitfenster, indem er in einer Art waghalsigen Wette alle Pumpspender weltweit aufkaufte. Als sich der überlegen Erfolg seiner Innovation zeigte, konnten die Big Player ihn schlicht und einfach nicht kopieren. Er verkaufte sein Unternehmen erfolgreich und wurde zum Multi-Millionär.

Warum AI dennoch von höchster Bedeutung für Entrepreneur*innen ist

Das schwache Abschneiden im direkten Vergleich mit Entrepreneur*innen darf allerdings nicht falsch interpretiert werden. Generative AI wie ChatGPT ist eine fundamentale Innovation von disruptivem Potenzial und entsprechend von höchster Bedeutung auch und gerade für Entrepreneur*innen. Zahllose Teilaufgaben im unternehmerischen Prozess lassen sich mit Hilfe von KI besser, schneller und fehlerfreier erledigen. In den MBA-Programmen der WU Executive Academy wird ihr Einsatz entsprechend nicht bekämpft, sondern intelligent gefördert.

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