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Sympathische Schlitzohren oder rücksichtslose Brutalos?
Um als Entrepreneur*in erfolgreich zu sein, muss man gegen den Strom schwimmen. Eine Innovation ist definitionsgemäß etwas Neues – und das bedeutet zwangsläufig, dass man die Welt, wie sie ist, hinterfragen und den Mut haben muss, bestehende Regeln, Muster und Konventionen zu brechen. Aber wie weit kann und darf das gehen? Gilt dies auch für Strafrecht, Verträge und Moral? Nikolaus Franke, wissenschaftlicher Leiter des MBA Entrepreneurship & Innovation der WU Executive Academy, hat sich genau das im Rahmen einer Studie an seinem Institut an der WU genauer angesehen – mit überraschenden Ergebnissen.
Im Rahmen einer kürzlich am Institut für Entrepreneurship & Innovation durchgeführten Studie befragte Donatella Rubelj 89 angehende Entrepreneur*innen und 70 Nicht-Entrepreneur*innen im gleichen Alter und Bildungsgrad sowie der gleichen Geschlechterverteilung mit Hilfe eines Messinstruments, das von Brauer & Chaurand (2009) entwickelt worden war. Den Versuchsteilnehmer*innen wurden insgesamt 21 alltägliche Regelverletzungen vorgelegt. Ihre Aufgabe war es, diese nach dem von ihnen subjektiv wahrgenommenen Grad der Normverletzung zu beurteilen. Sie sollten sich vorstellen, sie würden einen ganz normalen jungen Mann beobachten, wie er diese jeweiligen Verhaltensweisen zeigen würde. Wie schlimm würden sie den Regelverstoß finden? Die Skala reichte von 1 = kein Problem bis 10 = sehr schlimm.
Betrachtet man zunächst die Gruppe der kleineren strafrechtlichen Vergehen, so zeigt sich, dass Entrepreneur*innen diese signifikant insgesamt weniger dramatisch finden als Nicht-Entrepreneur*innen:
Auch bei der Gruppe der kleineren zivilrechtlichen Vergehen gibt es insgesamt keinen signifikanten Unterschied. Entrepreneur*innen und Nicht-Entrepreneur*innen sehen Regelverletzungen in diesem Bereich gleichermaßen besonders kritisch – eher kritischer sogar als kleine strafrechtliche Sünden. Gewisse Unterschiede zwischen den Gruppen zeigen sich dennoch auch hier.
So finden es Entrepreneur*innen am schlimmsten, wenn eine Person in einem öffentlichen Gebäude raucht – die patzige Unhöflichkeit, die in diesem Verhalten liegt, scheint sie besonders zu stören. Nicht-Entrepreneur*innen dagegen stoßen sich vor allem am glatten Regelbruch, der zum Ausdruck kommt, wenn eine Person sich weigert, einen reservierten Platz im Zug freizugeben.
Am erstaunlichsten ist jedoch, dass es auch im Bereich der moralisch begründeten Normen und Konventionen insgesamt keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen gibt.
Auf den Boden spucken, jemanden im Gedränge rempeln, das Motorrad laut aufheulen lassen, sich im Kino laut unterhalten, sich nicht bedanken, wenn jemand einem die Tür aufhält – das finden Entrepreneur*innen beispielsweise ähnlich unangemessen wie ihr Gegenstück.
Sie finden es sogar schwach signifikant ungebührlicher, wenn jemand beim Aufschlagen der Zeitung im Bus das Gesicht der Person am Nachbarsitz erwischt (Mittelwert = 4,4, nicht-Entrepreneur*innen haben einen niedrigeren Mittelwert von 4,0).
Auch wenn jemand in einer Bibliothek die Füße auf den Tisch legt, stören sich Entrepreneur*innen (Mittelwert = 5,9) daran schwach signifikant mehr als andere (Mittelwert = 5,4).
Insgesamt ergibt sich ein interessantes Bild: Die Entrepreneure*innen wirken eher wie Schlitzohren, die es mit dem Übertreten von kleineren Vorschriften nicht immer genau nehmen. Bei aller Bereitschaft zum Regelbrechen scheinen ihnen Höflichkeit und persönlicher Respekt aber dennoch sehr wichtig zu sein – ein sympathischer Zug. Wer die Welt ändern will, kann dies schließlich auch auf nette Weise tun!
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