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Wie mit modernen Management Tools Irrfahrten vermieden werden können
Wir alle erinnern uns noch an die Irrfahrten des Odysseus, die der griechische Dichter Homer in seinem gleichnamigen Epos beschreibt. Der Superheld der griechischen Mythologie musste am Weg nach Hause einige Hürden überwinden: Menschenfresser, Meeresungeheuer, eine Zauberin mit einem gefährlichen Zaubertrank, einen einäugigen Riesen, etc. So wie Odysseus ergeht es heute vielen Führungskräften, die mit klassischen Management-Tools arbeiten. Christof Stögerer, Head of Continuing Education der WU Executive Academy, und Michael König, Senior Lecturer am Department of Strategy and Innovation der WU, haben sich genauer angesehen, warum für Unternehmen in unsicheren Zeiten vor allem Wandlungsfähigkeit und strategische Voraussicht gefragt sind, und wie Odysseus Irrfahren möglicherweise verlaufen wären, hätte er sich damals schon moderner Tools wie jenem des „Strategic Foresight“ und der SWOT Analyse bedienen können.
Im berühmten Epos, in dem Odysseus jahrelang eine Gefahr nach der anderen meistern muss, schildert der Dichter Homer in 24 Gesängen die Irrfahrten des griechischen Helden, dessen Heimfahrt alles andere als einfach war. Während Odysseus immer wieder vom Kurs abkommt und ein gefährliches Abenteuer nach dem anderen besteht, wird in der Heimat seine Frau von Freiern bedrängt, die seinen Thron besteigen wollen.
Wie Odysseus fühlen sich heute viele Führungskräfte in Unternehmen: Böse Überraschungen bringen sie vom sorgsam gewählten Kurs ab; in Zeiten der digitalen Transformation ist die Unsicherheit ihr ständiger Wegbegleiter. „Die Odyssee ist ein wunderbares Narrativ über den Umgang mit dieser Unsicherheit“, sagt Michael König, Senior Lecturer am Department for Strategy and Innovation der WU Wien. Die Frage für Manager*innen ist nun: Kann man sich Irrwege und ständige Richtungswechsel durch strategische Tools, wie zum Beispiel der bekannten SWOT Analyse, ersparen? „Odysseus lernt später aus seinen bisherigen Fehlern, etwa sein übertriebenes Selbstvertrauen gegenüber dem Zyklopen, dem er mit einem glühenden Pfahl das Augenlicht raubt, um mit seinen Männern unter Einsatz ihres Lebens aus der Höhle fliehen zu können“, meint König. Lernen aus den Fehlern, Signale beachten und rechtzeitig reagieren – Eigenschaften, die auch im heutigen Management gefragt sind.
Odysseus hätte sich seine lange Irrfahrt wohl nicht zur Gänze ersparen können, doch Erkenntnisse aus dem eigenen Verhalten und richtige Vorsicht – im Sinne von Vor-Sicht – auf mögliche kommende Gefahren hätten ihm geholfen, weitere Umwege und Gefahren zu vermeiden. Das gilt auch für Unternehmen: Erfolge aus der Vergangenheit wappnen nicht automatisch für zukünftige Entwicklungen; was gestern der richtige Weg war, kann schon morgen in eine Sackgasse führen. Es ist vielmehr wichtig, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gleichermaßen zu berücksichtigen. Doch welche Werkzeuge gibt es dafür? Die beliebte statische SWOT Analyse als Teil eines strategischen Managements greift da vielfach zu kurz. Dabei werden ja aus Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken strategische Maßnahmen abgeleitet. „Es wird dabei aber nur das aufgeschrieben, was man sieht“, warnt König. Weiter reicht da schon das Tool der dynamischen SWOT Analyse, bei der Stärken und Schwächen unter anderem mit zukünftigen Entwicklungen abgeglichen werden. Wichtig ist dabei nicht nur, das zu sehen, was jetzt gerade relevant ist. Es geht um die Herausforderungen, die uns morgen betreffen und um die Bewertung von Eintrittswahrscheinlichkeiten und wie sehr das Unternehmen davon betroffen sein könnte. Mit der dynamischen SWOT Analyse kann man daher plausible Zukunftsszenarien entwickeln.
„Jede Führungskraft sollte in dieses Strategic Foresight investieren, um auf zukünftige Veränderungen besser vorbereitet zu sein“, meint auch Christof Stögerer, Head of Continuing Education der WU Executive Academy. Weil sich Unternehmen eben nicht auf alle Eventualitäten vorbereiten können, wird es wichtiger, Signale früh zu erkennen und auszuwerten. Das kann zum Beispiel die Erkenntnis sein, dass die Grenzen zwischen den Branchen verschwimmen und Mitbewerber*innen aus einem ganz anderen Umfeld kommen können. Fragen können sich etwa darum drehen, welche Folgen ein technologischer Sprung haben könnte oder was passiert, wenn die Preise abrupt nach unten rasseln? Stögerer muss in diesem Zusammenhang immer an den Ausspruch des CEO eines großen deutschen Automobilherstellers denken, der gesagt hat: “Noch nie ist ein Szenario so eingetreten, wie wir es vorausgedacht haben. Aber: Die Tatsache, dass wir uns so intensiv damit beschäftigt haben, hat uns bei unseren Entscheidungen flexibel, effizient und schnell gemacht – unabhängig davon, was die Zukunft auch bringen mag.“
Wie wäre die Odyssee verlaufen, hätte Odysseus über die strategischen Tools des heutigen Managements verfügt? Wäre er mit Strategic Foresight früher heimgekommen? Das wäre auch auf seine Einstellung angekommen: Der siegreiche Held meinte nach der Schlacht um Troja offenbar, er wäre für die Zukunft bestens gewappnet. Doch es erwarteten ihn ganz andere Gefahren und Hindernisse – so geht es vielen Unternehmen, die der Erfolg arrogant macht. „Das ist die größte Barriere“, sagt Michael König. Die Mineralölindustrie ist ein wunderbares Beispiel, wie vergangene Erfolge uneinsichtig machen gegenüber zukünftigen Veränderungen. Ein weiteres Problem: Manager*innen neigen dazu, in unsicheren Zeiten immer nur jene Tools zu verwenden, die in einem ruhigen Umfeld erfolgreich waren. Dabei stehen heute mehr Daten als je zuvor zur Verfügung – genau das kann aber ebenso in die Irre führen. Nicht Big Data sei das Problem, meint König, sondern Small Data – also jene Daten, die wir nicht kennen.
Christof Stögerer
Führungskräfte müssen akzeptieren, dass die Zukunft ganz anders aussehen kann. Sie müssen die Fähigkeit haben, entsprechende Alternativen strukturiert zu entwickeln.
Der entscheidende Satz in der Odyssee ist nach Ansicht von König schon der erste, in dem vom „wandlungsreichen“ Odysseus die Rede ist: „Muse, erzähl mir vom Manne, dem wandlungsreichen.“ „Dahinter steckt das Verstehen der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft – genau das sollte auch eine gute Führungskraft beherrschen, um sich für unsichere Zeiten zu wappnen.“
Für Führungskräfte, die sich vor einer unternehmerischen Odyssee fürchten, hat Michael König abschließend drei Empfehlungen parat:
Mut sollte auch machen, dass Odysseus nach seiner unerwartet langen Reise und trotz etlicher Fehler letztlich heim zur Familie und zu seinem Königsthron gekehrt ist. Auch Unternehmen, die sich auf zukünftige Entwicklungen entsprechend vorbereiten, winkt ein Happy End.
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