Bereit für die neuen Berufsbilder in der Finanzwelt?

21. Februar 2019

Atypische Felder im Bereich Finance

Harvard University Gebäude am grünen Feld
Während ihres US-Aufenthaltes besuchen Studierende des MBA Finance die Harvard University und informieren sich über die aktuellsten Trends im Finanzbereich.

Wissen, das nicht jeder hat: Um in der Finanzbranche erfolgreich zu sein, gelten umfassende Kompetenzen in klassischen Bereichen wie Corporate Finance, Risk Management oder Unternehmensbewertung heute als Hygienefaktoren. Jene, die sich bei potentiellen ArbeitgeberInnen einen Startvorteil herausarbeiten möchten, sind gut beraten, sich zusätzlich in eher atypischen Berufsfeldern abseits des Mainstreams zu spezialisieren, für die es in Zukunft immer größeren Bedarf geben wird.
 

Prof. Manfred Frühwirth stellt drei „Hot Topics“ vor, für die er seine internationalen Studierenden im MBA-Programm gerade sensibilisiert.
 

1. Islamic Finance

Finanzprodukte ohne Zinsen? Das war in der westlichen Welt bis dato eine Seltenheit. Mit der steigenden Nachfrage von muslimischen KundInnen haben islamkonforme Finanzprodukte Einzug in die Finanzlandschaft gehalten. Laut der Scharia, dem islamischen Gesetz, sind Zinsen – also das Geldverdienen über Geldveranlagungen oder Geldverleih – verboten. Stattdessen gibt es etwa islamkonforme Anleihen, sogenannte „Sukuk“. Ein Haus mittels eines Kredits zu kaufen, ist aber auch nach den Vorgaben der Scharia möglich: Die Bank tritt selbst als Käufer des Hauses auf und verkauft es den KundInnen weiter, der wiederum der Bank einen höheren Preis in Form von Raten zurückbezahlt.

Die Bawag P.S.K. etwa hat als erste österreichische Bank im Jahr 2016 ein islamisches Bankkonto eingeführt: Die Bank verlangt weder Sollzinsen, noch zahlt sie Habenzinsen an die KundInnen aus. Stattdessen bezahlt der Kunde ein monatliches Entgelt, dessen Höhe abhängig vom gewählten Konto-Paket ist, und eine Kontokarte und einen Überziehungsrahmen beinhaltet.

2. Entrepreneurial Finance

Kein neugegründetes Unternehmen kann auf Dauer ohne einschlägiges Finanzwissen bestehen. Der Bereich Entrepreneurial Finance beschäftigt sich deshalb mit den Vor- und Nachteilen von Venture Capital, mit dem Bootstrapping, also der weitgehenden profitablen Unternehmensführung ohne externe InvestorInnen, und dem Wirken der Business Angels, die bis zu drei Mal mehr Kapital zu Neugründungen beisteuern, als es Investoren tun. Auch Crowdfunding/Crowdfinancing ist ein Bereich, der bei der Finanzierung von Startups eine immer wichtigere Rolle spielt. Die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt für die Investorensuche oder den Exit ist genauso wichtig, wie die optimale Planung für Kapitalakquise oder das Wissen, für welche Entwicklungsstufe man welche Art von Investment benötigt. Eine Studie von KfW Research aus dem Jahr 2015 zeigt: Selbst wenn man sich nur die ersten drei Jahre ansieht, verschwindet von den etwa 2,5 Millionen Unternehmensgründungen in Deutschland im Schnitt rund jede sechste (17 Prozent) wieder vom Markt. Wer Finanzwissen vorweisen kann, ist erfolgreicher: Dann scheitern nämlich nur 12 Prozent. Bei mangelhaftem Finanzwissen sind es dagegen 21 Prozent.

3. Ethics in Finance

Bilanzfälschungen, Korruption, Insiderhandel, Betrug an den KonsumentInnen: In den vergangenen Jahren haben Korruptionsskandale diverse Konzerne erschüttert. Der Dieselskandal von VW ("Diesel-Gate") mit den zugehörigen mutmaßlichen Vertuschungen auf Management-Ebene war nur einer in einer langen Reihe von Fällen. Ethisches Verhalten wird auch in der Investment-Praxis als immer wichtiger gesehen – auch um reputativen und ökonomischen Schaden vom Unternehmen zu vermeiden. Viele Menschen sehen Ethik immer noch als Gegensatz zur Finanzwelt, dabei spielt sie eine immer zentralere Rolle innerhalb des Finanzbereiches. Die Orientierung an kurzfristiger Gewinnmaximierung kann unethisches Verhalten begünstigen. Gelangt es an die Öffentlichkeit, kommt es den Unternehmen bzw. den InvestorInnen in der Regel teuer zu stehen: KundInnen verlieren ihr Vertrauen, der Markenwert sinkt, Aktienkurse fallen, Kapitalkosten steigen. Daher sind in der letzten Zeit verstärkt Compliance- und Corporate Governance-Regularien installiert worden, ebenso wie umweltökonomische und soziale Kriterien, etwa über den Ausbau der unternehmerischen Corporate Social Responsibility. Korruption in Unternehmen, auf den Finanzmärkten, aber auch innerhalb von Regierungen, schädigen nicht nur die KundInnen, etwaige GläubigerInnen und WählerInnen, sondern können mitunter das globale Wirtschaftssystem destabilisieren.

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Tanja Spennlingwimmer, Kapsch TrafficCom IVHS Inc.

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