CEE und die Wirtschaft: Wenn die zweite Welle kommt

26. Mai 2020

Ein volkswirtschaftlicher Blick in die Zukunft - mögliche Szenarien

Das deutsche Robert-Koch-Institut geht von einer zweiten Covid-19-Welle im Herbst 2020 aus. Was aber würde das für die Wirtschaft Österreichs und jene der CEE-Länder bedeuten? Andreas Schwabe, Senior Economist der Raiffeisen Bank International AG (RBI) und Global Executive MBA Alumnus, wirft einen volkswirtschaftlichen Blick in die Zukunft und analysiert mögliche Szenarien.

Darstellung des Einflusses von Corona auf die Wirtschaft
Wie wird sich die COVID-19 Pandemie auf die Wirtschaft auswirken? Welche Rolle wird eine zweite Welle spielen?

EpidemiologInnen sind sich grundsätzlich einig: Eine Pandemie zeichnet sich durch mehrere Infektionswellen aus. Fraglich ist nur, wie viele und wann sie kommen werden. Der Lockdown in Österreich und in Teilen der Welt hat in die Regierungskassen mehr oder weniger große Löcher gerissen und Unternehmen in existenzielle Bedrängnis gebracht.

Könnten wir uns in Österreich und in den CEE-Ländern einen neuerlichen Lockdown überhaupt leisten? Wie sieht die wirtschaftliche Prognose für das kommende Jahr aus? Andreas Schwabe, Senior Economist CEE bei der RBI und Global Executive MBA Alumnus, hat sich die Lage genauer angesehen.

Erholung ohne zweite Welle

„Die meisten Wirtschaftsprognosen für das kommende Jahr gehen nicht von einer großen zweiten Covid-19-Welle aus“, sagt Andreas Schwabe. Ohne die zweite Welle erwarten die AnalystInnen von RBI wie auch vom Internationalen Währungsfonds (IWF) eine deutliche Erholung der Wirtschaft für das kommende Jahr. Lesen Sie dazu auch den Artikel Corona-Krise: Rezession in den CEE-Ländern.

Buchstäblich ein Unterschied: Realistisches U, depressives L

„Der IWF hat versucht, ein Szenario zu erstellen, indem eine zweite Welle im Herbst und Winter in die Prognosen miteinbezogen wird: Das würde eine weitere Senkung des globalen BIP um 5 Prozentpunkte bedeuten“, so Schwabe.

Portrait Andreas Schwabe

Andreas Schwabe

  • Senior Economist der Raiffeisen Bank International AG

Dass es zu erneuten umfassenden Lockdowns in Österreich und in den CEE-Ländern kommt, halte ich aber für fraglich. Die Kosten dafür sind einfach zu hoch. Wenn das BIP jedes Mal um 5 oder mehr Prozentpunkte reduziert wird, lässt sich das nicht beliebig wiederholen. Man wird vermutlich zielgerichtet einzelne Bereiche herunterfahren, um die Wirtschaft möglichst wenig zu schädigen.

In den Wirtschaftsprognosen wird meist von einer „V-förmigen“ Rezession und ihrer Erholung ausgegangen: Nach dem raschen Fall hin zum Tiefpunkt zieht die Wirtschaft recht schnell wieder an – wie es auch nach der Weltwirtschaftskrise 2009 der Fall war. Auch eine U-förmige Rezession wäre möglich: Hier kommt nach dem rasanten Fall erst nach einer gewissen Stagnation wieder zu einer deutlichen Erholung. Die pessimistischeren Prognosen gehen von der Form des Nike-Logos, dem sogenannten „Swoosh“, aus: nach der Talsohle folgt ein sanfter Anstieg, die Wirtschaft würde demnach also länger mit den Corona-Folgen zu kämpfen haben. Die Katastrophe schlechthin wäre eine L-förmige Rezession – also eine Wirtschaftsdepression samt Pleitewelle und Massenarbeitslosigkeit.

Charts die die Wirtschaft nach Corona abbilden
Wie und wann sich die Wirtschaft wieder erholt, muss sich erst noch zeigen. Foto © CC0 Licence

Wirtschaft und Politik - untrennbar miteinander verbunden

Wie die mittel- und langfristigen Folgen der Corona-Krise für die Wirtschaft sein werden, und ob eine zweite Welle dabei eine Rolle spielt, hängt natürlich mit den Maßnahmen und Reaktionen der einzelnen Staaten zusammen. Realistisch sei jedenfalls, über die Identifizierung einzelner Covid-19-Herde regionale Maßnahmen zu setzen, sagt Schwabe: „Erst wenn das nicht funktionieren sollte, wird man restriktiver handeln.“

Die Covid-19 Krise geht auch an der WU Executive Academy nicht spurlos vorbei. Alle Informationen bezüglich den Auswirkungen auf unsere MBA Programme, finden Sie hier.

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