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Im neuen Special Workshop der WU Executive Academy lernen Führungskräfte, mit einer mutigeren Haltung zum Scheitern ihre Ziele besser zu erreichen.
Im europäischen Business-Kontext waren Fehler und Niederlagen bisher in Unternehmen tabu. Generationen von Führungskräften haben viel Zeit und Energie dazu aufgewendet, um möglichst fehlerlos zu arbeiten. Was aber, wenn sie diese Zeit sinnvoller nutzen würden?
Wer beim Internetkonzern Google fehlerlos arbeitet, erhält dafür kein Lob. Im Gegenteil: Anerkennung gibt es, wenn man sich unerreichbare Ziele steckt. Denn so würden die MitarbeiterInnen an ihre Grenzen gehen und innovativ sein, argumentiert das Unternehmen. Streaming-Anbieter Netflix macht schon im Recruiting-Prozess klar, dass von den zukünftigen Führungskräften eine gewisse Risikobereitschaft und der Mut zu Fehlern erwartet werden. James Quincey, CEO von Coca-Cola forderte seine MitarbeiterInnen dazu auf, Fehler zu machen: „Wenn wir keine Fehler machen, haben wir es nur nicht hart genug versucht.“ Das Hamburger Inkasso-Unternehmen EOS geht noch einen Schritt weiter und vergibt den Pokal „Fehler des Kwartals“: Damit werden jedes Quartal MitarbeiterInnen ausgezeichnet, die ihre Fehler offen und mutig kommunizieren.
Dieser Meinung war übrigens auch Nelson Mandela, von dem dieses Zitat stammt. Der Versuch, Fehler zu vermeiden, bedeutet in der beschleunigten Welt der digitalen Transformation vor allem eines: Stillstand. „Scheitern hat zu Unrecht einen negativen Beigeschmack“, sagt Prof. Wolfgang Mayrhofer, Vorstand des Interdisziplinären Instituts für Verhaltenswissenschaftlich Orientiertes Management der WU und Vortragender im Rahmen des neuen Special Workshops „Die Macht des Scheiterns“. „Einerseits scheitern wir im individuellen und organisationalen Leben viel öfter, als wir gewinnen. Zum anderen lernen wir aus Niederlagen in der Regel weit mehr als durch Erfolge. Das Scheitern bietet eine wertvolle Chance, in einen positiven Lernzyklus einzutauchen.“
Gerade in Phasen der Transformation in Unternehmen steht das Scheitern an der Tagesordnung. Es werden Strukturen aufgebrochen, neue Prozesse und Zuständigkeiten ausprobiert, es werden Prototypen für KundInnen getestet und es wird nach dem Prinzip „Trial and Error“ experimentiert. Man tut als Führungskraft gut daran, das Scheitern als wichtiges Element der Veränderung anzuerkennen und es zu enttabuisieren – um eine konstruktive Fehlerkultur zu etablieren, in der das Scheitern erlaubt ist.
Das Scheitern ist nicht immer Ausdruck von Fehlern, die man begangen hat. Manchmal ist man zur richtigen Zeit am falschen Ort oder umgekehrt. Oder beides passt nicht. Häufig liegt das Nichterreichen von Zielen auch an den falschen Maßstäben, die wir uns gesetzt haben. „Das Ziel ist beispielsweise zu hoch gesteckt, zu herausfordernd“, sagt Wolfgang Mayrhofer. Dann beginnt das sogenannte „Double Loop Learning“: Man hinterfragt den Sinn des eigenen Tuns und der Rahmenbedingungen. Denn vielleicht gibt es ja noch andere Wege, um das Ziel zu erreichen, die man vorher nicht bedacht hat. Oder die Grundannahmen und Zielsetzungen selbst müssen eben in Frage gestellt werden. Mit dem sogenannten „Single Loop Learning“ allein,– man verrechnet sich beispielsweise bei der Budgetkalkulation und berechnet sie noch einmal – kommt man in komplexen Prozessen nicht mehr weit.
Eine systemische Betrachtung des Scheiterns könne jedenfalls sehr aufschlussreich sein, gibt Wolfgang Mayrhofer zu bedenken: „Die Frage, die wir uns nach einem Misserfolg stellen sollten, ist nicht: Wer ist schuld? Oder: Warum habe ich mein Ziel nicht erreicht? Sondern: Was will mir das Scheitern über meine persönliche Weiterentwicklung, mein Umfeld, meine Umwelt sagen?“
In der Regel ist die Angst vor einer negativen Bewertung der Umwelt unbegründet. Die Praxis zeigt, dass KollegInnen und Vorgesetze viel wohlwollender mit Fehlern umgehen als man es erwarten würde. Ganz nach dem Motto: „Wo gehobelt wird, fallen eben Späne.“ Die Angst vor dem Scheitern kommt vielmehr aus uns selbst, denn Scheitern hat auch viel mit Abschied und Verlust zu tun. Mit dem Abschied von den eigenen Ansprüchen, illusionären Zielvorstellungen und Erwartungen an eine Idee, an ein Projekt, an MitarbeiterInnen. Mit dem Verlust angestrebter Anerkennung, eines Selbstbilds als „GewinnerIn“, von Erfolgs-Belohnungen – sei es der erhoffte Karriere-Aufstieg oder die Gehaltserhöhung. „Dann ist es wichtig, sich die damit verbundenen Emotionen zu erlauben: Trauer, Wut, Enttäuschung – und schließlich die Akzeptanz, gescheitert zu sein“, so Wolfgang Mayrhofer.