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Führen wie ein Roboter – oder auch nicht
Künstliche Intelligenz, zunehmend automatisierte Prozesse, das Internet der Dinge und das Zusammenspiel dieser Technologien verändern unseren Geschäftsalltag in einem noch nie dagewesenen Ausmaß. Was bedeutet dies für Führungskräfte und welche ethisch-moralischen Fragestellungen entstehen im Zuge dieser Entwicklung?
Man kann sich einer gewissen Angstlust nicht erwehren: Sollte Jack Ma, Chef des größten chinesischen E-Commerce-Unternehmens Alibaba, recht behalten, werden in naher Zukunft Roboter-Manager*innen und –CEOs die Führungsetagen bevölkern. Seine Argumentation scheint schlüssig: Roboter sind viel objektiver und weniger gefühlsbetont als Menschen. Doch stimmt das auch wirklich? Anhänger dieser Sichtweise verweisen auf den Umstand, dass Roboter-CEOs Situationen vorurteilsfrei und auch viel ganzheitlicher beurteilen könnten, da ihnen eine Fülle an Daten und Informationen zur Verfügung stünde (die sie auch innerhalb kürzester Zeit verarbeiten können). Angesichts solcher Fantasien und der beängstigenden Aussicht, in Zukunft von Roboter-Bossen gemanagt zu werden, gewinnen Empathie und ein unterstützender Führungsstil an Bedeutung .
Die Angst, von Maschinen ersetzt zu werden, treibt Arbeitnehmer*innen um. Führungskräfte sind gut beraten, diese Problematik proaktiv und verständnisvoll anzusprechen. Einerseits muss KI-gestützte Technologie (wie das autonome Fahren) noch das Vertrauen der Bevölkerung gewinnen, andererseits müssen die Sorgen von Arbeitnehmer*innen, welche Rolle sie künftig als menschliche Arbeitskräfte noch spielen werden, ernstgenommen werden.
Maschinen werden uns immer mehr monotone Arbeitsvorgänge abnehmen, doch sie werden den Menschen nie ersetzen können, wenn Kreativität und soziales Verhalten gefragt sind. Neue Jobs mit Bezeichnungen, die wir uns heute noch gar nicht ausmalen können, werden in der Zukunft entstehen. Routinearbeit wird dabei zunehmend maschinell anstatt von Menschen erledigt werden, was die Geschäftsstrukturen nicht unverändert lassen wird: In der Zukunft werden Fachleute noch gefragter sein und dies wird sich auch in deren Gehaltsvorstellungen widerspiegeln. Unbestritten ist daher, dass Arbeitnehmer*innen desto weniger um ihre Jobs fürchten müssen, umso besser sie ausgebildet sind. Wenn zudem neue Arbeitsplätze entstehen, werden diese meist Führungsverantwortung mit sich bringen. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung des Consultingunternehmens Capgemini, das für zwei Drittel aller neu entstehenden Jobs eine Führungsrolle prognostiziert.
Vertrauen aufbauen und Spielraum ermöglichen: ein Drahtseilakt
Außerdem steht es außer Frage, dass von Führungskräften erwartet wird, neue Technologien zu beherrschen und gut einschätzen zu können. In einem sich rundum digitalisierenden Geschäftsumfeld können es sich Manager*innen nicht leisten, die gesamte IT der gleichsam benannten Abteilung zu überlassen. In puncto KI sei Unternehmen ein gesundes Maß an Neugier, die jedoch nicht in blinde Euphorie ausartet, nahegelegt. Unternehmen, die sich für den Einsatz von KI entscheiden, müssen sich eingehend mit den folgenden Fragen auseinandersetzen: Welche Einsatzmöglichkeiten sind wirklich sinnvoll? Welche neuen Geschäftsmodelle werden durch KI und Automatisierung ermöglicht?
Führungskräfte sind noch viel stärker als in der Vergangenheit gefordert, klar zu kommunizieren. Um dies zu bewerkstelligen, müssen sie stets weiterlernen – Stichwort Life-Long Learning. Und dies gilt nicht nur für sie, sondern für das Unternehmen als Ganzes. Manager*innen müssen vertrauensvolle Beziehungen aufbauen und ihre Mitarbeiter*innen in diesem Wandel unterstützen. Gleichzeitig liegt es an ihnen, hochqualifizierten Expert*innen den ausreichenden Spielraum zu geben, damit diese ihre eigenen Ideen entwickeln und vorantreiben können.
KI ermöglicht es Unternehmen, effizienter zu arbeiten und in neue Bereiche vorzudringen. Um sie in die Arbeitsroutinen der Mitarbeiter*innen zu integrieren und den erwartbaren Nutzen klar umreißen zu können, ist jedoch eine Gesamtstrategie notwendig. Nicht nur Unternehmen, sondern auch und insbesondere Regierungen und die Gesellschaft müssen ethische Fragestellungen im Umgang mit intelligenten Maschinen und einer Roboter-Belegschaft aufgreifen. Themen, die in diesem Zusammenhang eine Rolle spielen werden, sind die Zukunft der Arbeit im Allgemeinen, die Bandbreite der Anwendungsmöglichkeiten von KI und Automatisierung und die Möglichkeiten, die diese für den Menschen eröffnen werden. Dieser Drahtseilakt wird künftig wie selbstverständlich von Führungskräften erwartet werden.
Ein durch und durch europäischer philosophischer Ansatz könnte uns dabei helfen, diese gewaltige Herausforderung zu bewältigen: Im digitalen Humanismus werden ungeachtet aller technologischen Fortschritte stets das Wohl des Menschen und der Schutz der schwächsten Mitglieder einer Gesellschaft in den Mittelpunkt gestellt. Im Gegensatz zur Wettbewerbs-Mentalität der USA, die vorwiegend auf (finanziellen) Erfolg ausgerichtet ist, und dem Überwachungsstaat China positioniert sich Europa in der goldenen Mitte: Das Individuum steht im Fokus, und Technologie soll die Innovation vorantreiben und die Lebensqualität weiter erhöhen. Diese moralischen Werte, die Europa für sich ausgehandelt hat, sollten uns auch im zukünftigen Einsatz neuer Technologien leiten. Vor 60 Jahren, als die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft gegründet wurde, war die große Vision der immerwährende Frieden in Europa. Nun könnte der digitale Humanismus das neue Leitbild für die nächsten Jahrzehnte sein: eine Vision von führenden Köpfen, Unternehmen und Entscheidungsträger*innen mit dem Ziel, für uns und nachkommende Generationen eine lebenswerte Zukunft sicherzustellen, in der neue Technologien dem Menschen dienen – und nicht umgekehrt.
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