Interkulturelle Erfahrungen machen unternehmerisch

24. April 2016

Was bei den MBA-Programmen der WU Executive Academy schon seit längerem gelebte Praxis ist, hat Prof. Nikolaus Franke, Leiter des Instituts für Entrepreneurship & Innovation an der WU, nun auch wissenschaftlich belegt: In einem aktuellen Forschungsprojekt untersuchte er die Folgen des Wechsels aus einem kulturellen Kontext in einen anderen. Das Ergebnis war eindeutig: Interkulturelle Erfahrungen steigern die Fähigkeiten, unternehmerische Gelegenheiten zu finden, signifikant.

Andrew Carnegie (Stahl-Tycoon), Sergey Brin (Google) oder Attila Doğudan (Do&Co) sind nur einige Beispiele erfolgreicher Innovatoren und Entrepreneure mit einem Migrationshintergrund. Aktuelle Forschungsergebnisse zu diesem Thema führen ihren außergewöhnlichen Erfolg vor allem auf Selektionseffekte zurück. Wer emigriert und sich auf ein neues Leben einlässt, der ist auch sonst eher bereit, unternehmerische Risiken einzugehen.

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Prof. Nikolaus Franke freut sich über die Forschungsergebnisse.

Interkulturelle Erfahrung selbst zählt

Das Projekt von Prof. Nikolaus Franke und Dr. Peter Vandor vom Social Entrepreneurship Center der WU beleuchtete aber erstmals eine andere Erklärung: Sie vermuteten, dass die interkulturelle Erfahrung selbst eine Wirkung hat. Wer mehr unterschiedliche Kontexte erlebt, reichert auf diese Weise seinen Wissens- und Erfahrungspool an. Dieser wiederum ist die wichtigste Basis für die Fähigkeit, unternehmerische Gelegenheiten zu finden.

Um ihre Hypothese zu prüfen, entwickelten die WU-Forscher ein eigenes Testverfahren und maßen die unternehmerischen Fähigkeiten von WU-Studierenden vor und nach einem Auslandssemester. Mehr als die Hälfte der WU-Studierenden verbringt im Rahmen ihres Studiums ein Semester im Ausland. Vandor und Franke verglichen die Veränderung mit einer Stichprobe, die im gleichen Zeitraum daheim geblieben war. Der Unterschied ist eindeutig: die erste Gruppe steigerte ihre Unternehmerischen Fähigkeiten um 17%. Die Vergleichsgruppe veränderte sich sogar leicht negativ.

Um mehr über die Gründe des Zuwachses zu erfahren, führten sie eine sogenannte Priming-Studie mit EntrepreneurInnen durch, die aus Familien mit Migrationshintergrund stammten. Dabei riefen sie in der Experimentalgruppe die Erinnerung an ihren interkulturellen Hintergrund durch eine kleine Aufgabe aktiv ins Gedächtnis zurück. Bei der Kontrollgruppe wurde dies unterlassen. Der Unterschied war mit 26% sogar noch größer als in der ersten Studie.

„Zwei Effekte erklären die Wirkung von interkultureller Erfahrung: Man verfügt erstens über mehr „Erfahrungsbausteine“, die man für kreative Neukombinationen nutzen kann; und kann zweitens bestehende, aber daheim noch nicht genutzte Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle aus dem Ausland übertragen“, erläutert Prof. Franke, der auch wissenschaftlicher Leiter des Professional MBA Entrepreneurship & Innovation der WU Executive Academy ist.

MBA als Mikrokosmos im Klassenzimmer

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MBA-Klassen fördern den interkulturellen Austausch.

Für Prof. Franke sind die Ergebnisse der beiden Studien eindeutiger Beleg dafür, warum sich das spezielle Setting der MBA-Programme der WU Executive Academy so positiv auf das Niveau an Innovationsgeist und das „Entrepreneurial Mindset“ der Studierenden auswirkt:

„Der MBA selbst fungiert sozusagen als Mikrokosmos, in dem Führungskräfte aus unterschiedlichen Kulturen, Industrien und Funktionen zusammenkommen. Im Prinzip simulieren wir hier, was es bedeutet, sich in einen anderen kulturellen Kontext zu begeben, sich auf neue Erfahrungen einzulassen – nur auf sehr intensive und strukturierte Art und Weise.“

Absolventin Rana Grillberger erzählt von einer Idee, die Sie kürzlich im Gespräch mit einem ihrer ehemaligen MBA-Kollegen gehabt hat:

Rana Grillberger

  • Research Scientist in Exploratory and Preclinical R&D und Professional MBA Entrepreneurship & Innovation Alumna

Ich habe vor kurzem einen MBA-Studienkollegen aus dem Iran getroffen. Er sagte mir, dass er sich mit alten mechanischen Pressen gerne frischen Orangensaft mache. Als Kind habe er seiner Mutter immer voll Begeisterung beim Auspressen köstlicher frischer Orangen zugesehen. Ich erzählte ihm von den ‚Suqs‘ in Tripoli, jener Stadt im Libanon, aus der ich stamme. Dort führen die Bauern aus der Umgebung auf ihren Wagen kiloweise Orangen mit sich, die sie, wenn jemand günstigen Orangensaft kaufen möchte, frisch auspressen. Für mich ist das etwas ganz Normales, aber mein Mann, der aus Österreich kommt, war, als wir im Sommer bei großer Hitze in Tripoli Urlaub machten, von diesem Angebot überaus begeistert.



So entstand die witzige Geschäftsidee, auf dem WU-Campus einen Orangenautomaten und eine alte mechanische Presse aufzustellen, damit sich die Studierenden Orangen kaufen und selbst frischen Saft pressen können. Jetzt wurde dieses Vorhaben gemeinsam mit einem österreichischen Getränkeunternehmen problemlos umgesetzt. Wenn man sich ansieht, wie wir auf diese Möglichkeit gekommen sind, wird deutlich, dass sich im Rahmen eines interkulturellen Ideenaustauschs tatsächlich potentielle Geschäftsmöglichkeiten in neuen Märkten eröffnen können.

Tomasz Pilewicz, ebenfalls Absolvent, teilt diese Erfahrung:

Tomasz Pilewicz

  • Public Affairs & Government Relations Manager bei Philips und Professional MBA Entrepreneurship & Innovation Alumnus

Ich war wirklich erstaunt, was dabei rauskommt, wenn über 100 TeilnehmerInnen aus mehr als 30 Ländern ihre beruflichen Erfahrungen, kulturellen Besonderheiten und persönlichen Sichtweisen miteinander teilen: Die Qualität der Diskussionen im Allgemeinen und die Ergebnisse zu den einzelnen Projekten im Speziellen haben mir völlig neue Perspektiven eröffnet und mich dadurch in meiner Karriere einen großen Schritt vorangebracht.

Und Franke weiter: „Internationalität spielt in diesem Zusammenhang eine ganz wichtige Rolle: Das gilt für Studierende, Vortragende und Curriculum gleichermaßen. Im Rahmen internationaler Studienreisen etwa erweitert sich der persönliche Horizont enorm, die Studierenden entdecken neue Perspektiven und entwickeln eine völlig andere Wahrnehmung der unternehmerischen Möglichkeiten. Die TeilnehmerInnen lernen, kulturelle Unterschiede zu berücksichtigen, und haben im Rahmen verschiedener „company visits“ Gelegenheit , sich mit den Besonderheiten des jeweiligen Marktes vertraut zu machen. Auch die Vortragenden spielen eine wichtige Rolle: Je internationaler die ExpertInnen, desto größer die Vielfalt, die Denkansätze und die Inspiration. Das fördert wiederum Kreativität und Motivation, gemeinsam (berufliche) Ideen umzusetzen. Durch die Verfremdung von Bekanntem wird von den TeilnehmerInnen eine Adaptierung an die Gegebenheiten verlangt – und so gleichzeitig die Realität der heutigen Geschäftswelt nachgebildet.“

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