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Die EU hat in einer weltweiten Premiere eine umfassende Regulierung von Krypto-Assets beschlossen. Alfred Taudes, WU-Krypto Experte und langjähriger Vortragender der WU Executive Academy, erklärt, was das die neue MiCA-Verordnung der EU für Investor*innen und Unternehmen in der Praxis bedeutet.
Die EU geht in Sachen Krypto-Assets jetzt ihren eigenen Weg: Vor kurzem hat das Europäische Parlament die sogenannte MiCA-Verordnung (Markets in Crypto Assets) beschlossen und damit erstmals einen Rechtsrahmen für Bitcoin, Ethereum & Co. geschaffen: Diese verpflichtet Ausgeber*innen von Krypto-Werten, ihren Kund*innen detaillierte Informationen (etwa Whitepapers) zu übermitteln und verbietet Insiderhandel und Marktmissbrauch. Zudem können die Anbieter*innen bei schweren Verlusten und unter bestimmten Bedingungen haftbar gemacht werden.
„Die neue Verordnung kommt nicht gerade überraschend, die EU arbeitet bereits seit zwei Jahren daran. Im Prinzip gelten mit MiCA jetzt jene Mindestregeln, die für andere Börsen seit vielen Jahren selbstverständlich sind, jetzt auch auf Krypto-Vermögen“, erklärt Alfred Taudes, Gründer des Forschungsinstituts Kryptoökonomie der WU und langjähriger Vortragender der WU Executive Academy. Teile des Krypto-Bereichs waren ohnehin bereits reguliert, etwa über die Richtlinien zur Geldwäsche.
Taudes sieht jedenfalls zwei sehr positive Auswirkungen der Verordnung: Erstens gilt eine Genehmigung in einem EU-Land ab nun für die gesamte EU. „Zweitens führt genau das wieder zu einem Wettbewerb der nationalen Regulierungsbehörden, was wiederum für die Start-Ups positiv ist.“
Zudem schaffe die Regulierung Rechtssicherheit, weil Service Provider Zulassungen benötigen und Anforderungen an Betrieb, Organisation und Unternehmensführung erfüllen müssen, die jenen der traditionellen Banken ähneln. „Damit soll sichergestellt werden, dass das Geld der Investor*innen nicht verschwindet, etwa wenn eine Exchange damit spekuliert“, erläutert Taudes. Für Stablecoins, die ein fixes Austauschverhältnis zu offiziellen Währungen oder andere Werte versprechen, gibt es besonders strenge Auflagen, diese dürfen nur etablierte Finanzdienstleister*innen anbieten.
Auslegungsbedürftig ist die EU-Verordnung nach Ansicht von Taudes bei den Themen NFT. Die Abkürzung steht für "Non-fungible Token" und ist eine Art von Kryptowährung, die einzigartige digitale Assets wie Kunstwerke, Musik, Videos, Spiele und andere Sammlerstücke repräsentiert. Im Gegensatz zu herkömmlichen Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ethereum, bei denen alle Münzen gleichwertig und untereinander austauschbar sind, sind NFTs einzigartig und können nicht einfach ausgetauscht werden.
„Die Verordnung gilt nicht für einzelne NFT, allerdings sollen Teile (fractional parts) solcher einzigartigen NFT nicht selbst als einzigartig bzw. non-fungible gelten. Das gilt insbesondere für die Ausgabe von „großen Serien“ oder „Kollektionen“ von NFT, die dieselben Eigenschaften aufweisen. Ebenso ist der Bereich Decentralized Finance (DeFi), der darauf abzielt, traditionelle Finanzdienstleistungen wie Kredite, Vermögensverwaltung und den Handel von Vermögenswerten auf dezentralisierte, Blockchain-basierte Plattformen zu verlagern, ausgenommen. Dies allerdings nur, falls der entsprechende Dienst dezentral ist.
„In der Praxis werden NFTs oft in Serien herausgegeben und DeFi Protokolle enthalten häufig zentralisierte Funktionen. Es wird sich zeigen, wie die Abgrenzung von den Regulierungsbehörden und der Judikatur konkret vorgenommen wird“, so Alfred Taudes.
Die EU-Verordnung schafft jedenfalls einiges an Innovationspotenzial: Klassische Banken können nun damit beginnen, Krypto-Assets anzubieten. Taudes erwartet, dass dies auch passieren wird, Banken könnten dabei mit Start-Ups zusammenarbeiten.
Prof. Alfred Taudes
Auf Basis von Plattformen, die FinTechs entwickelt haben, können Banken ihren Wertpapierkund*innen nun Bitcoin und andere Assets anbieten. Auch für große Investmentfonds wird der Markt interessanter, da endlich die rechtliche Sicherheit gegeben ist.
Der Krypto-Markt ist dabei der klassische Fall eines neuen Marktes, auf dem es zunächst drunter und drüber geht, bis eine gewisse Reife erreicht wird und Vorgaben nötig werden. Nun bestehe wiederum die Gefahr, dass sich Behörden zu viel einmischen, warnt Taudes. „Regulierung darf nicht als Allheilmittel gesehen werden.“ Für den Erfolg in der Praxis komme es darauf an, ob es von den Regulierungsbehörden vernünftig gelebt werde und ob die Krypto-Branche und die klassische Finanzindustrie es annimmt und entsprechende Angebote entwickelt. So würden sogenannte Tokenized Assets eine Vielzahl neuer Möglichkeiten am Finanzmarkt ermöglichen – etwa die Stückelung von Assets wie Aktien und Immobilien in kleinere Teile. Damit wiederum könnten neue Kund*innengruppen angesprochen werden.
Generell sieht Taudes die EU auf dem richtigen Weg, während in den USA derzeit im Bereich Regulierung ein „komplettes Chaos“ herrsche. „Das kann sicher ein Wettbewerbsvorteil für Europa sein.“ Allerdings kann Regulierung nicht Wunder wirken. Achillesferse Europas bleibt das zu geringe Risikokapital. Unter den 25 größten Risikokapitalgeber*innen im Blockchain-Bereich findet sich niemand aus Europa.
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