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Was man konkret für die eigene Gesundheit tun kann
Die Corona-Krise hält nicht nur die ganze Welt in Atem, sie wirkt sich auch auf unsere Gesundheit aus – und zwar körperlich wie psychisch. Im Rahmen der 4. „Female Power Hour“ erörterten ExpertInnen aus Neurowissenschaften und Medizin, warum psychische Gesundheit vor allem von zwei Faktoren abhängt: von hirngerechtem Arbeiten mit ausreichend Schlaf und regelmäßigen Pausen und einem gesunden Mikrobiom im Darm. Wie die Darm-Hirn-Achse genau funktioniert und was Führungskräfte und ihre MitarbeiterInnen konkret für die eigene Gesundheit tun können, erfahren Sie im Folgenden.
Priyanka Dutta-Passecker, Co-Gründerin des Female Leaders Network an der WU Executive Academy und Alumna des Global Executive MBA an der WU Executive Academy, führte in das Thema Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz ein. „Die wirtschaftlichen Kosten bei psychischen Erkrankungen liegen in Europa jährlich bei 523,2 Milliarden Euro. Strategische Investitionen in die psychische Gesundheit der MitarbeiterInnen können zu großen positiven Effekten in Wirtschaft und Sozialleben führen“, führte sie aus. Laut einer aktuellen Studie hätten neun von zehn ArbeitgeberInnen in Europa berichtet, dass Covid-19 sich auf die Gesundheit und Produktivität ihrer Belegschaften ausgewirkt habe.
Priyanka Dutta-Passecker
Einen großen negativen Einfluss auf die Gesundheit hat Stress: 79% der europäischen ManagerInnen machen sich wegen Stress am Arbeitsplatz Sorgen, allerdings haben nur 30% der Arbeitsplätze in Europa entsprechende Antistress-Maßnahmen getroffen.
„Wichtig für die psychische Gesundheit am Arbeitsplatz ist zudem nicht nur ein adäquates Gehalt. Auch Respekt und Wertschätzung als Belohnungsfaktoren sind wichtig für den Selbstwert und das Wohlbefinden der MitarbeiterInnen. Fairness in der Unternehmenskultur führt zu Motivation und Zufriedenheit, entsprechende Balance zwischen Arbeits- und Privatleben ist ebenso wichtig wie gute Beziehungen zwischen den MitarbeiterInnen und in den Teams“, sagt Dutta-Passecker, die auch Co-Gründerin von Healiva SA und Corporate Sales Director bei Bioseutica ist.
Dass hirngerechtes Arbeiten und Leben sich positiv auf unser Wohlbefinden auswirkt, zeigte auch Andy Habermacher, Neuroleadership-Experte und Gründer der Unternehmensberatung leading brains, in seiner Keynote. Er zitierte den Neuropsychiater Klaus Grawe: „Wohlbefinden hängt fast gänzlich vom Grad ab, wie es Individuen schaffen, ihre Motivationsziele zu erreichen.“ (This suggests, that wellbeing depends almost entirely on the degree to which individuals manage to attain their motivational goals”.)
Andy Habermacher
Für die psychische Gesundheit ist es essentiell, dass das Gehirn neue Verbindungen knüpft. Es weist tatsächlich Plastizität auf, kann also wachsen, aber auch schrumpfen. Das Gehirn produziert auch Toxine, also Giftstoffe, die es wegtransportieren muss.
Um die Gehirngesundheit zu erhalten und für einen reibungslosen Ablauf seiner Funktionen sind laut Andy Habermacher bereits einfache Verhaltensweisen wesentlich. Beim Spazieren etwa wird BDNF, ein Wachstumshormon für die Gehirnzellen, produziert. Das Spazieren regt die Neubildung der Gehirnzellen im Hippocampus an: „Der Hippocampus ist für räumliche Orientierung, Lernen und Gedächtnis zuständig“, so Habermacher. Und: „Das Spazieren führt auch zur Integration der Gehirnhälften und damit zu einer gesteigerten Kreativität. Schon mehrere kurze Spaziergänge täglich von drei Minuten hätten einen positiven Effekt auf die Gehirngesundheit – etwa, zu Fuß in die Arbeit zu gehen.
Eine Sache werde laut Habermacher in der Businesswelt massiv unterschätzt: der Schlaf. „Im Schlaf wird das Gehirn entgiftet, ein Großteil des Gehirnwachstums – physisch und kognitiv über neue Synapsenverbindungen – findet während des Schlafs statt“, gibt der Experte zu bedenken. Auch für die emotionale Konsolidierung sei der Schlaf wesentlich, „daher reagiert man bei Schlafentzug häufig emotional“, so Habermacher. Auch das Zusammenspiel zwischen den Hirnregionen würde ausbalanciert. Ebenso unterschätzt werde im Arbeitsalltag der positive Effekt regelmäßiger Pausen: „Pausen sind sehr wichtig, um den Stresspegel zu reduzieren“, sagt Habermacher, Eine zehnminütige Pause zwischen zwei Meetings würde das Stresslevel herunterfahren, während keine Pause den Stresspegel steigere.
Ein wichtiger Punkt für psychische Gesundheit am Arbeitsplatz sei die Berücksichtigung emotionaler Bedürfnisse, denn: „Toxischer Stress zerstört Gehirnzellen und trennt die Verbindung von Synapsen“, sagt Habermacher. Gemeinsam mit Argang Ghadhiri und Theo Peters hat Andy Habermacher das SCOAP-Modell entwickelt, dass die menschlichen Grundbedürfnisse beschreibt und messbar macht, die in jedem Menschen neurobiologisch verankert sind. Dazu zählen:
Self-Esteem: Den eigenen Selbstwert erhalten oder über Wertschätzung erhöhen
Control: Kontrolle über das eigene Leben und Umfeld zu haben sowie über Freiheiten und Autonomie zu verfügen
Orientation: das Umfeld verstehen und zu wissen, was wie zu tun ist
Attachment: gute soziale Beziehungen zu Bezugspersonen und dem eigenen Umfeld pflegen
Pleasure: die eigene Freude und Zufriedenheit erhöhen
„Sind alle emotionalen Bedürfnisse am Arbeitsplatz erfüllt, steigen Engagement, Motivation und Produktivität“, so Andy Habermacher.
In der daran anschließenden Keynote führte Barbara Sladek, Biochemikerin, Gründerin des Health-Tech-Unternehmens Biome Diagnostics, das hochwertige Mikrobiom-Analysen anbietet, und Professional MBA Finance Absolventin, aus, wie sich das menschliche Mikrobiom auf die psychische Gesundheit auswirkt: „Das Mikrobiom ist eine Ansammlung von Bakterien, Pilzen und Viren in und auf unserem Körper“, sagte sie. Das Mikrobiom findet sich auf der Haut, in den Schleimhäuten, im Atemwegs-, Verdauungs- und Genitaltrakt. „Im Verdauungstrakt finden sich 1000 verschiedene Arten von Bakterien, Pilzen und Viren – insgesamt sind es geschätzt wohl mehr als 30 Milliarden Mikroorganismen, die ein bis zwei Kilogramm wiegen“, sagte Sladek.
Barbara Sladek
99 Prozent des Mikrobioms im Darm sind Bakterien: sie produzieren Vitamine, absorbieren Minerale, schützen vor Infektionen und stärken das Immunsystem.
Der Zusammenhang zwischen äußeren Faktoren, dem Mikrobiom und der menschlichen Gesundheit sei groß: „Soziale Faktoren, der Umgang mit Stress, gesunde oder ungesunde Verhaltensweisen und Umwelteinflüsse wirken sich auf das Mikrobiom aus, das sich wiederum auf die mentale, physische Gesundheit, sowie auf die Lebenserwartung und Lebensqualität auswirkt“, führte die Expertin aus.
Deutlich sei der Einfluss des Mikrobioms im Verdauungstrakt auf die psychische Gesundheit: Zwischen dem Gehirn und dem Darm gebe es eine direkte Verbindung, die sogenannte Darm-Hirn-Achse (Gut-Brain-Axis): „Das Mikrobiom beeinflusst die Neurotransmitter im Gehirn und damit das Stresslevel, die Laune und das Verhalten – und umgekehrt wirken sich Prozesse im Gehirn auf das Mikrobiom im Darm aus“, so Barbara Sladek.
Die Ernährung habe also einen großen Einfluss auf die Laune, wie etwa auf depressive Verstimmungen, die durch Serotoninmangel entstünden: „Serotonin ist ein Glückshormon – 95 Prozent des Serotonins sind im Darmsystem eingelagert“, sagt Sladek. Für die Erhaltung der psychischen Gesundheit sei es also wichtig, das eigene Mikrobiom zu kennen und die Ernährung entsprechend umzustellen. „Drei Monate dauert es nach der Ernährungsumstellung, bis das alte Mikrobiom durch ein neues ersetzt wird“, so Barbara Sladek.
Eigentlich ist es ja einfach: Psychische Gesundheit beginnt also auch am Arbeitsplatz beim richtigen Umgang mit dem Schlaf, mit Pausen während der Arbeit, mit ausreichend Bewegung an der frischen Luft – und der richtigen Ernährung.
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