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Wie geht richtige Krisenkommunikation?
Internationale Konzerne und Unternehmen mit Business in Russland reagieren unterschiedlich auf den Ukraine-Krieg und die Sanktionen des Westens. Der international gefragte Krisenkommunikations-Experte und langjähriges Faculty Member der WU Executive Academy, Dan Laufer, skizziert 4 mögliche Szenarien für Unternehmen und zeigt mögliche Kommunikationsstrategien auf.
Der Schock nach der russischen Invasion in der Ukraine wirkt immer noch nach. Sie hat nicht nur unglaubliches Leid der ukrainischen Zivilbevölkerung und eine Neuordnung der geopolitischen und wirtschaftlichen Machtverhältnisse auf der ganzen Welt nach sich gezogen. Von den international beschlossenen Sanktionen gegen Russland sind nicht nur Volkswirtschaften betroffen, sondern vor allem auch westliche Konzerne und Unternehmen, die seit vielen Jahren mit und in Russland Geschäfte machen.
Dan Laufer ist Associate Professor für Marketing and International Business und ehemaliger Head of School an der Viktoria University of Wellington in Neuseeland. An der WU Executive Academy in Wien ist er seit vielen Jahren als Vortragender zum Thema “Crisis Communication“ in den MBA-Studiengängen aktiv. Der Experte für strategische Krisenkommunikation hilft Unternehmen dabei, in Krisen ihre Reputation zu wahren und Schadensbegrenzung zu betreiben. Doch auch er sagt: „Kommunizieren alleine reicht nicht, man muss auch die entsprechend richtigen Taten setzen“.
Doch welche Reaktionen haben Konzerne bisher im Umgang mit dem Ukraine-Krieg gezeigt – und wie sollten sie ihre Entscheidungen am besten kommunizieren?Dan Laufer hat 4 typische Szenarien identifiziert, wie westliche Unternehmen auf die wirtschaftlichen Auswirkungen des Ukraine-Krieg reagieren, und rät zu folgenden Kommunikationsstrategien:
Alle Standorte in Russland werden geschlossen, die Mitarbeiter*innen gekündigt. Das Unternehmen zieht sich auf unbestimmte Zeit aus Russland zurück. „Das haben viele Konzerne auch im Zuge der Sanktionen getan. Es ist aber stets die Frage, wie groß der Anteil meines Businesses in Russland war. Nicht jeder kann sich das leisten aus der Unternehmensperspektive heraus“, so Dan Laufer. Mehr als 750 von untersuchten 1000 Konzernen und Ketten hätten sich komplett aus dem Land zurückgezogen, wie eine Auflistung der Yale School of Management zeigt (siehe hier).
Dan Laufer
Unternehmen, die ihr Business vollständig in Russland gestoppt haben, wurden in der Öffentlichkeit am positivsten wahrgenommen. Zum Teil auch wegen der internationalen Sanktionen mussten sie entsprechend agieren.
Diese Unternehmen haben wegen des Geschäftsentgangs nicht nur höhere Kosten, sondern auch höhere Einnahmen, wie Jeffrey Sonnenfeld in der Washington Post mit Kolleg*innen skizzierte. „Denn: Die Konzerne werden für den Exit aus Russland mit höheren Aktienkursen belohnt – so etwa bei der Société Generale geschehen. Umgekehrt müssen Unternehmen, die in Russland bleiben, mit den höchsten Kosten und großem Schaden in ihrer Reputation und Marke rechnen“, sagt Laufer mit Blick auf den Artikel.
So sollte die Kommunikation aussehen: Er rät den betroffenen Unternehmen: „Kommunizieren Sie den Rückzug mit dem Argument, dass es im Moment keine andere Lösung für das Unternehmen gibt. Bleiben Sie aber mit den Stakeholder*innen und Kooperations- und Geschäftspartner*innen in Russland weiterhin in gutem Kontakt. Die russischen Unternehmen und einzelne Menschen können nichts für die politische Entscheidung, einen Krieg zu beginnen – und unterstützen das auch nicht unbedingt. Mit einer klaren, transparenten Argumentation für Ihre Entscheidung helfen Sie womöglich auch, das Gegenüber zu sensibilisieren.“ Wenn Standorte geschlossen und Mitarbeiter*innen gekündigt werden, ist auch die klare Kommunikation nach innen essentiell. „Die Mitarbeiter*innen sollten transparent, fair und früh genug informiert werden – und ihnen auch nach Möglichkeit Unterstützung angeboten werden“, so Dan Laufer.
Dan Laufer gibt auch zu bedenken: „Nicht alle Unternehmen konnten sofort das Land verlassen, einige sind geblieben – nicht immer, weil sie es wollten.“ So gebe es mitunter „komplizierte Regularien, die einen raschen Rückzug verhindern. Franchise-Unternehmen sind beispielsweise an bestimmte Auflagen und Verträge gebunden. Ist das der Fall, so ist es wichtig, den schrittweisen Rückzug bzw. den Noch-nicht-Rückzug offen und proaktiv gegenüber den Mitarbeitenden, in der Öffentlichkeit und gegenüber Kund*innen zu kommunizieren – auch beispielsweise mit einem Statement, das den Krieg verurteilt“, sagt Laufer. Andernfalls würde der Ruf des Unternehmens rasch beschädigt werden. „Dann heißt es, die Mitbewerber*in ist längst weg, und man ist immer noch da und hat offenbar keine klare Haltung gegen den Krieg und ist pro-Russland“.
Wenn der russische Markt zum wichtigen Teil des Kerngeschäfts gehört, ist es auch für westliche Unternehmen schwierig, alle Zelte abzubrechen. Dan Laufer rät: „Eine Alternative ist, das Geschäft vorläufig auf Eis zu legen.
So sollte die Kommunikation aussehen: Auch hier ist es besonders wichtig, mit den Stakeholder*innen in gutem Austausch und Kontakt zu bleiben und auch hier die Entscheidung nachvollziehbar zu argumentieren – ebenso, dass die Entscheidung nichts mit der Qualität der Zusammenarbeit zu tun hat. Zudem helfen regelmäßiger Austausch und Updates dabei, nach Kriegsende womöglich wieder das Geschäft aufnehmen zu können“, so Dan Laufer.
Eine dritte Gruppe von Unternehmen macht aktiv Geschäfte in und mit Russland, hat aber Expansions- und Marketingaktivitäten vorerst auf Eis gelegt. Davon rät Dan Laufer allerdings ab: „Das reicht vielen Kund*innen und Meinungsmacher*innen in der Öffentlichkeit nicht als Positionierung gegen Russland, sondern wirkt wie Whitewashing: also wie der Versuch, sich seine befleckte Weste reinzuwaschen. Das funktioniert in der Regel so aber nicht“, sagt der Kommunikationsexperte.
So sollte die Kommunikation – in diesem Fall – NICHT aussehen: Hier lasse sich mit Kommunikation auch nicht mehr viel retten: „Auch wenn Unternehmen behaupten, dass sie nicht expandieren, laufen ihre Geschäfte in Russland ja wie gehabt weiter. Als negativ wahrgenommene Aktionen kann man mit Kommunikation ab einem gewissen Grad nicht mehr kompensieren. Diese Unternehmen müssen also damit rechnen, dass zumindest ihre westlichen Kund*innen ihnen diese Entscheidung dann übelnehmen“, so Dan Laufer.
Die vierte Gruppe ist die unbelehrbarste und wird auch wie oben bereits erwähnt mit dem größten Schaden rechnen müssen: die Unternehmen, die weiterhin ihre Geschäfte mit und in Russland durchziehen, als gäbe es keinen Krieg in der Ukraine. „Diese Unternehmen sind in der Minderheit und auch meist keine westlichen Konzerne, sondern chinesische oder asiatische Unternehmen, die ihr Kerngeschäft mit Russland betreiben, zum Teil auch pro-russisch sind und in arge Turbulenzen kämen, wenn sie ihr Business in Russland aufgeben würden“, sagt Dan Laufer. „Wenn diese Unternehmen auch viele Kund*innen im Westen haben, wird sich das negativ auf sie auswirken“, sagt Laufer. Kund*innen würden dann eben woanders kaufen – „vorausgesetzt sie wissen überhaupt, welche Produkte von diesem Konzern stammen. Das ist häufig gar nicht bekannt und auch nicht so einfach zu eruieren.“
„Manchmal ist es einfach wichtig, nach den eigenen Werten als Unternehmen zu handeln – und dabei den Schaden so gering wie möglich zu halten. „In der Regel belohnt das auch die Kundschaft, wenn man offen Stellung bezieht“, sagt Dan Laufer.
Krisen sind immer herausfordernd für Unternehmen, bieten aber auch Chancen, so konnten Führungskräfte auch aus der Coronakrise lernen.