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Das sollten Unternehmen jetzt wissen
Seit der Corona-Krise Anfang März hat die österreichische Bundesregierung zahlreiche Verordnungen und Covid-19-Gesetze erlassen. Die Wichtigsten aus Unternehmenssicht hat sich Prof. Georg Kodek, wissenschaftlicher Leiter des Master of Legal Studies der WU Executive Academy und Richter am Obersten Gerichtshof, genauer angesehen: Das sollten Unternehmen jetzt wissen.
Kaum vergeht ein Tag, an dem nicht eine neue Verordnung, ein neuer Erlass oder gar ein Gesetz der Regierung in Österreich im Zusammenhang der aktuellen Corona-Krise erlassen wird. ExpertInnen prüfen derzeit im Auftrag des Gesundheitsministers Rudolf Anschober, ob die zahlreichen Verordnungen nicht nur gesundheitspolitisch richtig, sondern auch verfassungskonform sind.
Vor der Corona-Krise waren die Bezirkshauptmannschaften für die Umsetzung des rund 70 Jahre alten Epidemie-Gesetzes in Österreich zuständig. Gedacht war es für Masern- oder Scharlachfälle in der Region. Dieses Gesetz griff für die Covid-19-Pandemie allerdings zu kurz. Mehr als hundert Bestimmungen sind durch fünf neue Covid-19-Gesetze neu geregelt oder adaptiert worden, schätzt Georg Kodek, der auch Professor am Institut für Zivil- und Zivilverfahrensrecht der WU Wien ist.
Im Folgenden klärt der Rechts-Experte über die aktuell wichtigsten, rechtlichen Bestimmungen auf, die Unternehmen unbedingt sollten:
Schon seit rund 200 Jahren steht im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch: Der/die MieterIn eines Geschäfts muss die Miete nicht bezahlen, wenn das gemietete Objekt wegen einer Seuche nicht benutzt werden kann. „Der Mietzins kann je nach Absprache auf Null gemindert werden“, so Kodek. Viele Restaurants würden derzeit auf Lieferservices zurückgreifen und die Küche dazu geöffnet haben. „Hier kann man den Mietzins nur reduzieren“, sagt der Rechtsexperte. Anders sieht die Lage bei Privatwohnungen aus: Wenn MieterInnen aufgrund finanzieller Schwierigkeiten wegen der Corona-Krise die Miete nicht bezahlen können, kann während der kommenden drei Monate nicht gekündigt werden. Für diese Zeit seit 1. April bis 30. Juni kann der Mietzins zudem gestundet werden. Wichtig sei in beiden Fällen - ob für das Unternehmen oder privat: „Suchen Sie mit ihrem Vermieter das Einvernehmen“, so Kodek.
Seit dem 14. April, dürfen kleine Geschäfte unter 400 Quadratmetern geöffnet haben, das sorgte zuletzt für schlechte Stimmung bei Shopping Malls und Einkaufszentren, die sich benachteiligt fühlten. Bis Anfang Mai dürfen in Einkaufszentren nur Nahversorger geöffnet haben: Supermärkte, Trafiken, Optiker, Banken, Drogeriemärkte.
Prof. Georg Kodek
Rechtlich durften diese Nahversorger immer offen haben. Wenn seitens der EigentümerInnen trotzdem zugesperrt wird, ist das deren (wirtschaftlich motivierte) Entscheidung. Eine andere Frage ist, ob im Miet- oder Pachtvertrag eine Betriebspflicht vorgeschrieben ist. Eine solche (zB in einem Einkaufszentrum) gilt aber sicher nicht für den Fall, dass das ganze restliche Einkaufszentrum geschlossen ist; Sinn der Betriebspflicht ist ja, dass den KundInnen ein entsprechendes Einkaufserlebnis geboten werden kann. Wenn keine KundeInnen kommen (dürfen), entfällt dieser Gesichtspunkt
Für Aufregung sorgte zuletzt auch immer wieder Dividenden-Ausschüttungen von Konzernen, die gleichzeitig Kurzarbeit beantragt haben und damit staatliche Hilfe in Anspruch nehmen. „Wenn es keine Ausnahmen gibt, gilt für eine GmbH in der Regel eine Vollausschüttung: der gesamte Gewinn muss an die GesellschafterInnen ausgeschüttet werden“, sagt Kodek. Die Dividenden selbst sind allerdings stets auf die Gewinnerwirtschaftung des vorherigen Geschäftsjahres bezogen – im kommenden Jahr wird ihre Höhe daher in vielen Unternehmen aufgrund der angespannten wirtschaftlichen Lage deutlich geringer ausfallen oder gar bei Null liegen. Rechtlich sei man damit im grünen Bereich, anders sieht es durch die moralische Brille aus: „Die Optik ist natürlich schief. Wer legal Dividenden ausschütten kann, gilt betriebswirtschaftlich gesehen als liquide. Diese Unternehmen hätten also genügend Kapital, beantragen aber dennoch Kurzarbeit.“
Ein temporäres Ausschüttungsverbot wie in Frankreich sieht der Gesetzgeber derzeit nicht vor. Allerdings gebe es zumindest von Seiten der Europäischen Zentralbank die Empfehlung an alle Banken, keine Dividenden auszuschütten und auf Aktienrückkäufe zu verzichten.
Hier hat man laut Georg Kodek an mehreren Schrauben gedreht. „Die zeitliche Dauer für die Stellung eines Insolvenzantrags wurde von 60 auf 120 Tage verlängert“, sagt er. Ist ein Unternehmen konkursreif, hat es also bis zu vier Monate Zeit, um mit den GläubigerInnen eine Restrukturierung zu verhandeln. “Für die betroffenen Unternehmen bedeutet das eine gewisse Erleichterung: sie gewinnen mehr Zeit und ihre Hoffnung ist, dass sie bis dahin die Krise überwunden haben und betriebswirtschaftlich Land in Sicht ist.“ Andererseits bedeutet das: viele Insolvenzen wird es daher erst im Spätsommer oder Herbst geben. Eine Erleichterung sei auch: „Die Krankenkassen stellen derzeit keine Konkursanträge, die bisherige Schärfe bei der Beitragseintreibung fällt derzeit weg.“
Seit 1. April bis 30. Juni gilt die Regelung, dass man laufende Kredite nicht zurückzahlen muss, wenn man Corona-bedingt Einkommensausfälle nachweisen kann. „Auch, wenn der Nachweis nicht immer leicht ist, würde ich in jedem Fall das Gespräch mit der Bank suchen. In vielen Fällen kann ein Nachweis erbracht werden, z.B. bei Kurzarbeit, Kündigung, bei geschlossenen Geschäften der Hinweis auf behördliche Betriebsschließung und damit verbundene Einnahmenausfälle. Auch bei bloßem Umsatzrückgang, etwa in einer Trafik in einem Einkaufszentrum, kann es hilfreich sein, Saldenlisten vorzulegen“ rät der Experte.
Die Laufzeit des Kredits wird seitens der Banken jedenfalls um drei Monate nach hinten verschoben. „Suchen Sie auch hier aktiv das Einvernehmen mit Ihrer Bank. Rechtzeitiges proaktives Vorgehen ist immer besser, man vermeidet Verstimmungen mit dem eigenen Geldinstitut, auf das man in der Regel angewiesen ist. Wenn man einmal in eine Mahnstufe bzw. schlechte Bonitätsstufe „gerutscht“ ist, lässt sich das viel schwerer wieder applanieren“, so Georg Kodek.
Georg Kodek geht derzeit davon aus, dass viele Übernahmeprojekte durch die Corona-Krise vorläufig gestoppt wurden. In vier bis sechs Monaten würden Übernahmen vermehrt zum Thema werden – „vor allem, wenn es der bisherigen Zielgesellschaft, also dem zu übernehmenden Unternehmen, oder auch anderen MitbewerberInnen wirtschaftlich schlecht geht, werden sie für Übernahmen attraktiv“, so Kodek.
Gesellschafterversammlungen können ab sofort auch virtuell stattfinden. Abstimmungen via Videokonferenz sind rechtlich gedeckt. Auch Gerichte wie sogar der Oberste Gerichtshof haben virtuelle Sitzungen einberufen. „Interessant ist diese Information vor allem in Bezug auf die GesellschafterInnenversammlungen. Dass das jetzt auch in der Justiz vorgesehen ist, ist nicht nur eine „general interest“-Information, sondern hilft den UnternehmerInnen auch beim Einordnen der ihn betreffenden Regelungen über die GesellschafterInnenversammlung“, sagt Georg Kodek.
Mit dem Master in Legal Studies kann man in Zeiten wie diesen leichter den Überblick über Verordnungen und Regelungen bewahren. Für mehr Informationen zum Programm, klicken Sie bitte hier.