5 Dinge, die Manager*innen von Designer*innen lernen können

30. November 2023

Wo Kreativität und Strategie zusammentreffen

Damit Designer*innen zu einer möglichst optimalen Lösung für ihre Kund*innen gelangen, ist vor allem ein Denken abseits vorgegebener Pfade gefragt. Von genau dieser Herangehensweise, die vor allem Kreativität und strategisches Handeln erfordert, können sich auch Manager*innen und Führungskräfte – gerade in turbulenten Zeiten – einiges für ihre tägliche Praxis abschauen.

Wie das im Designprozess funktioniert, aber auch im Management und der Führung von Unternehmen gelingen kann, analysieren die Designerin und Absolventin des MBA Marketing & Sales Jasmin Roth, und die Dekanin der WU Executive Academy, Barbara Stöttinger, in fünf Key Leadership Learnings.

Manager*innen denken oftmals ganz anders als Designer*innen, verfolgen aber mitunter ähnliche Ziele und können sich noch was abschauen. Bild: shutterstock, Master1305
Manager*innen denken oftmals ganz anders als Designer*innen, verfolgen aber mitunter ähnliche Ziele und können sich noch was abschauen. Bild: shutterstock, Master1305

„Design wird in der öffentlichen Wahrnehmung oft missverstanden“, sagt Jasmin Roth. „Ästhetik, schöne Formen und Farben, hübsche Verpackungen - das sind die ersten Dinge, die Menschen dabei diesem Thema einfallen. Aber Design kann so viel mehr.“ Die MBA-Alumna der WU Executive Academy leitet gemeinsam mit ihrem Geschäftspartner Stephan Göschl die Cin Cin Creative Studios in Wien, eine Kreativagentur für Design und Creative Consultancy.
Als Unternehmerin und Kreativdirektorin wollte sie durch das MBA-Studium ihre eigenen unternehmerischen Skills nachschärften, aber vor allem noch näher an ihren Kund*innen sein: „Viele meiner Kund*innen sind selbst Unternehmer oder kommen aus der Wirtschaft, dem Bauwesen, der Medizin, dem Kulturbereich oder der Gastronomie – ich wollte einfach besser verstehen, wie sie ticken, um ihnen noch maßgeschneiderte Design-Lösungen anbieten zu können“, erzählt sie.

Während des Studiums bekam sie viel Einblick in die Bereiche Management und Leadership – auch im Austausch mit ihren Kommiliton*innen. Dabei erkannte sie, dass nicht nur Vertreter*innen ihrer Zunft enorm von Management- und Leadership-Skills profitieren, sondern auch umgekehrt Manager*innen viel von ihrer Perspektive als Designerin lernen könnten.

„Designer*innen werden oft mit Künstler*innen verwechselt", sagt Barbara Stöttinger, Dekanin der WU Exexutive Academy. "Anders als diese kreieren wir aber nicht des persönlichen künstlerischen Ausdrucks willen, sondern wir lösen ganz konkrete Probleme im Auftrag unserer Kund*innen. Dabei ist – abgesehen von einer ansprechenden visuellen Erscheinung - auch sehr viel Strategie gefragt. In dieser Beziehung wird Design leider immer noch stark unterschätzt." Die Entstehung etwa eines Markenauftritts oder einer Kommunikationsstrategie sei ein stark kollaborativer Prozess gemeinsam mit den Kund*innen.

Strategisch und kreativ: was sich von Designer*innen abschauen lässt

Jasmin Roth und Barbara Stöttinger identifizieren im Folgenden 5 Key Learnings für Manager*innen und Führungskräfte, denn „gerade in ungewissen Zeiten brauchen Führungskräfte vor allem zweierlei: Kreativität und Strategie“. Und genau hier können sie sich von Designer*innen einiges abschauen:

1. Verstehe deinen Kund*innen besser als sie sich selbst

Zu Beginn des Designprozesses ist oft noch nicht klar, was am Ende rauskommt.„Wir agieren ergebnisoffen und finden so die besten Lösungen für die Probleme unserer Kund*innen“, sagt Roth. Häufig würden Kund*innen mit Wünschen (Briefing) zu ihr kommen, „die ein Problem nur symptomatisch behandeln, aber nicht an der Ursache ansetzen“, erzählt sie.  „Indem wir herausfinden, was das eigentliche hinter dem vermeintlichen Problem ist, starten wir einen gemeinsamen Prozess, der uns tief hinter die Kulissen blicken lässt. Denn nur so ist es möglich, einen nachhaltigen Mehrwert zu schaffen. Das tut Design nämlich nicht, indem es unreflektiert erfüllt, was ein*e Auftraggeber*in verlangt, sondern indem es empathisch analysiert, nachfragt und Lösungen bietet, von denen der/die Kund*in nicht einmal wusste, dass man sie braucht“, sagt sie.

„Sollte es interne Spannungen geben, werden diese spätestens dann an die Oberfläche kommen. Unerfahrene Kund*innen können die Dynamik in so einen Prozess durchaus überraschen. Designer*innen haben hier im Vorfeld vor allem eine beratende und vermittelnde Rolle. Nur, wenn alle Konflikte geklärt oder divergierende Zukunftsvisionen wieder vereint sind, kann die strategisch-konzeptionelle Arbeit beginnen.“

Kund*innenverständnis ist für Designer*innen extrem wichtig – ihre Kund*innen wissen oftmals selbst nicht was sie eigentlich brauchen. Bild: shutterstock, fotogestoeber
Kund*innenverständnis ist für Designer*innen extrem wichtig – ihre Kund*innen wissen oftmals selbst nicht was sie eigentlich brauchen. Bild: shutterstock, fotogestoeber

Management-Tipp: Es empfiehlt sich, unbedingt in die tiefere Auseinandersetzung mit Kund*innen aber auch Mitarbeiter*innen in einem Sparringprozess auf Augenhöhe zu gehen. Es ist genau dieser empathische Akt, in die Schuhe des Gegenübers zu schlüpfen, der den Unterschied macht. Indem man versucht, ein Problem sowohl von der Innen- als auch der Außenansicht zu betrachten, kann man neue Zusammenhänge erkennen und Perspektiven aufmachen. Im unternehmerischen Kontext lässt sich diese Vorgehensweise auf Herausforderungen unterschiedlicher Größenordnung anwenden. Sei es der Umgang mit den eigenen Mitarbeiter*innen oder eine Neupositionierung am Markt.

2. Die bessere Lösung liegt oft außerhalb des vereinbarten Spielfelds

Im Design löst man Kund*innenprobleme auf kreative Weise.„Wenn wir immer nur Ideen innerhalb eines abgesteckten Rahmens suchen, wird das Ergebnis wenig innovativ sein“, so Barbara Stöttinger. Im Design ist es daher üblich, die Einschränkungen der Kund*innen erst einmal bewusst zu ignorieren – und darauf zu fokussieren, was für das Ergebnis das Beste wäre. In Kunden-Workshops nennt Jasmin Roth diese Phase „Wünsch dir was“

Jasmin Roth

Jasmin Roth

  • Designerin und MBA Marketing & Sales Alumna

Wir gehen in das sogenannte Re-Briefing und sammeln die kühnsten Ideen und Visionen der Kund*innen, auch wenn sie noch so unrealistisch sind. Erst danach passen wir die konkret umzusetzenden Punkte den – zumeist limitierenden – Rahmenbedingungen wie Budget, Machbarkeit oder Zeitvorgaben an.Das allein bringt schon viele neue Ansätze, auf die der Kunde sonst nie gekommen wären.

Der große Unterschied jedoch ist, dass von einem Ideal wegarbeitet wird, das möglichst schonend adaptiert wird, und nicht versucht wird, eine ohnehin nur mittelmäßige Lösung weiter zu adaptieren. Wenn im Prozess herauskommt, dass man mit anderen Maßnahmen, als im ursprünglichen Briefing definiert, die Zielgruppe bester erreicht, sind die Kund*innen auch bereit, ihre Vorstellungen bzw. das Briefing anzupassen.

Management-Tipp: Wenn Sie in hierarchischen Strukturen innovativ denken wollen, brauchen Sie Mut, Durchsetzungs- und Durchhaltevermögen. Denn vorauseilender Gehorsam, die eigenen Befürchtungen, oder Einwände Ihrer Kund*innen und Kolleg*innen werden versuchen Sie immer wieder auszubremsen. Und genau hier sind vor allem zwei Voraussetzungen entscheidend: Ein starkes Vertrauen in die eigene Intuition – und natürlich ein Umfeld und Vorgesetzte, die das zulassen. Wichtig sei, sich dabei immer selbst zu fragen: „Treffe ich diese Entscheidung, weil ich davon überzeugt bin – oder weil meine Führungskraft, Kund*in oder ein Shareholder das von mir erwartet?“

3. Auf Loop-Learning setzen: probieren geht über studieren

In Designprozessen wird viel ausprobiert und in iterativen Schleifen eine Lösung erarbeitet. Für Designer*innen ist immer alles im Flow. Es wird ständig iteriert, angepasst, optimiert. Einen finalen bzw. statischen Zustand gibt es nicht. Fehler sind wichtige Quellen des Lernens und wertvolle Erkenntnisse.

Management-Tipp: Dieses Mindset kann für Manager*innen vor allen in turbulenten Zeiten von Nutzen sein. In einem dynamischen Umfeld kann eine Entscheidung, die gestern noch gut und richtig war, morgen falsch sein. Die eigenen Entscheidungen in einem veränderten Kontext in Frage zu stellen, ist keine Zeichen von Schwäche, sondern vielmehr von Wachsamkeit und Flexibilität.

Designprozesse sind wie viele andere Projekte: eine iterative Schleife aus Tests, Feedback und Feinschliff. Bild: shutterstock, 3rdtimeluckystudio
Designprozesse sind wie viele andere Projekte: eine iterative Schleife aus Tests, Feedback und Feinschliff. Bild: shutterstock, 3rdtimeluckystudio

4. In längeren Zyklen denken

Die Positionierung eines Unternehmens am Mark, sei es mittels strategischer Kommunikation oder visuellem Branding, ist keine einmalige Sache: „Es ist vielmehr ein Prozess, denn über die Jahre verändern sich Unternehmen, Branchen, Zielgruppen oder der gesellschaftliche Kontext. Daher müssen sich auch die Art, wie kommuniziert wird, und die Außendarstellung eines Unternehmens natürlich auch weiterentwickeln“, so Stöttinger. Designer*innen denken in der Regel in kurz-, mittel- und langfristigen Zyklen. Infolgedessen entfaltet sich auch der unternehmerische Wert von Design je nach Projekt einmal kurzfristig, ein anders mal langfristig.

Management-Tipp: Unser schnelllebiges und performancegetriebenes Umfeld verlangt immer nach schnellen Ergebnissen. Das (Design-)Investment von diesem Quartal, muss im Folgequartal einen positiven Impact zeigen, um weiter verfolgt zu werden. Hier wäre es ratsam, in längeren Zyklen denken zu können, weil es manchmal eben in der Natur der Sache liegt, ihre Wirkung über die Zeit zu entfalten.

5. Der Schlüssel zum Erfolg: Design-Mindset in der C-Suite

Sowohl der Design Value Index des Design Management Institute als auch darauf aufbauende Erhebungen von McKinsey beweisen, dass design-centered Companies den S&P 500 um rund 200% outperformen. Manche dieser Unternehmen haben im Top-Management einen Chief Design Officer (CDO) sitzen. Und das hat einen guten Grund, so Roth: „Bei Apple dreht sich beispielsweise deshalb alles um Design, weil es in der Unternehmenskultur verankert ist. Es ist kein add-on, das spät im Produktentwicklungsprozess hinzukommt, sondern steht von je her im Zentrum aller Überlegungen. Nur, wenn in einem Unternehmen ein Designbewusstsein vorhanden ist und gefördert wird, kann der potenzielle Mehrwert von Design auch voll ausgeschöpft werden. Der Stellenwert, den Design in einem Unternehmen einnimmt, bestimmt zwei wichtige Faktoren:

  • Erstens die Erwartungshaltung an Design. Ist diese hoch wird Design oft eingesetzt, ist sie niedrig bekommt Design vielleicht nie eine faire Chance seine volle Wirkung zu entfalten.
  • Und zweitens, ob Design als Ausgabe oder Investment wahrgenommen wird. Das ist vor allem eine Frage des Mindset: Verbuche ich Design und alles, was damit verbunden ist, so wie viele andere „Ausgaben“ als reine Kosten, oder sehe ich Design als langfristiges Investment mit der Chance auf einen langfristigen ROI?

Management-Tipp: In einem Unternehmen mit wenig Design Awareness ist es vor allem im mittleren Management schwer Designentscheidungen durchzubringen, weil man sowohl nach oben als auch nach unten auf Unverständnis stößt. Was helfen kann ist, Allianzen zu bilden. Am besten abteilungsübergreifend Mitstreiter*innen für eine neue Idee finden, bevor man sie an einen wichtigen Entscheidungsträger heranträgt. Hier kann man auch Inspiration aus dem kollaborativen Arbeiten im Design ziehen. An Designprojekten arbeiten oft cross-functional Teams und unterschiedliche Expert*innen mit verschiedenen Skill-Sets. Es ist die diverse und breite Mischung im Team, die den Erfolg mit ausmacht.

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