Megatrend hybrides Arbeiten: gekommen, um zu bleiben

17. März 2021

Warum die Mischung aus Präsenzarbeit und remote work "the new normal" wird

Die Verquickung von virtueller und physischer Arbeit, von Mensch und Maschine, hält spätestens seit der Corona Pandemie weltweit Einzug in der gesamten Arbeitswelt – mit Auswirkungen, die die Art und Weise, wie wir in Zukunft zusammenarbeiten, grundlegend verändern werden. Jochen Borenich, Vorstand und COO bei Kapsch BusinessCom, und Barbara Stöttinger, Dekanin der WU Executive Academy, haben den neuen Megatrend in der Arbeitswelt analysiert und sich angesehen, was dieser nicht nur für Organisationen, sondern vor allem auch für Führungskräfte und ihre Mitarbeiter*innen bedeutet.

Symbolbild hybrides Arbeiten
Hybrides Arbeiten als die neue Normalität - die Corona Pandemie beschleunigt den Megatrend.

So mancher sitzt im neuen Jahr wieder im Büro, viele im Home Office – andere wiederum pendeln im Schichtbetrieb zwischen physischer Präsenz und remote work hin und her. In Zeiten wie diesen gehören Videokonferenzen und digitale Tools inzwischen zum Standard-Repertoire des modernen Büro-Alltags. Hybrides Arbeiten – also die Mischform aus Präsenzarbeit und remote work – hält mit den Lockerungen der Corona-Maßnahmen nach und nach Einzug in die Unternehmen – und zwar weltweit.

Portrait Barbara töttinger

Barbara Stöttinger

  • Dekanin der WU Executive Academy

Was wir derzeit bedingt durch die Corona Pandemie sehen, ist allerdings nur die Spitze des Eisbergs. Hybrides Arbeiten wird die gesamte Arbeitswelt erfassen und nachhaltig verändern: die Führungskultur, die Arbeitsweisen und Zusammenarbeit nicht nur in den Büros, sondern auch in der Produktion und im Gewerbe – kurzum, die gesamte Organisation.

Die verschiedenen Dimensionen des hybriden Arbeitens

„Hybrides Arbeiten wirkt sich auf ganz unterschiedlichen Ebenen aus: auf der Ebene der „people“, also wenn es um Leadership und Zusammenarbeit geht; auf der Ebene der „places“, das betrifft die clevere Nutzung von Räumen und auf der Ebene der „technology“, also die Verwendung neuer Technologien und digitaler Tools“, so Jochen Borenich, der auch Global Executive MBA Alumnus der WU Executive Academy ist und vor kurzem gemeinsam mit dem Wirtschaftsforscher Michael Bartz und Thomas Schmutzer, Director bei der KMPG Advisory GmbH, das Buch „Hybrides Arbeiten & Digitalisierung“ veröffentlicht hat.

Was das konkret für die Zukunft der Arbeitswelt bedeutet, haben sich die beiden Digitalisierungs- und Leadership-Expert*innen im Folgenden genauer angesehen:

1. Hybrides Arbeiten wird zum „New Normal“

Mehrere Studien haben laut den Buchautoren im Sommer 2020 gezeigt, dass zwischen 40 und 60 Prozent der österreichischen Arbeitgeber*innen auch nach der Pandemie an mobilen Arbeitsweisen festhalten wollen. Vor der Pandemie waren es noch unter 20 Prozent gewesen. Auch die Mitarbeiter*innen sind inzwischen befähigt, remote und hybrid zu arbeiten. Unternehmen müssten sich nun gut für hybride Arbeitsformen rüsten.

Portrait Jochen Borenich

Jochen Borenich

  • COO Kapsch BusinessCom und Global Executive MBA Alumnus

Hybrides Arbeiten wird zum neuen Standard: wer keine technologisch hochwertige Ausstattung und eine entsprechende Arbeitskultur bietet, verliert als ArbeitgeberIn an Attraktivität und erlangt somit einen entscheidenden Wettbewerbsnachteil.

2. Leadership braucht neue Fähigkeiten

„Die Mitarbeiter*innen im Home Office mit dem Vertrauen à la ,sie machen das schon irgendwie‘ allein zu lassen, reicht nicht“, sagt Borenich in Hinblick auf eine neue Fähigkeit, die sich Führungskräfte möglichst schnell aneignen sollten: Remote Leadership. Auch für Barbara Stöttinger hat Leadership eine neue Rolle in der digitalisierten Arbeitswelt erhalten: „Die räumliche Distanz benötigt mehr Leadership, nicht weniger. Remote Leadership basiert auf Vertrauen, klarer und offener Kommunikation und gibt je nach Bedarf der Mitarbeiter*innen individuell Struktur und vor allem auch Sicherheit.“ Was allerdings nicht mit Micromanagement und Kontrollmails oder gar -anrufen zu verwechseln sei, wie Jochen Borenich ergänzt: „Es ist wichtig, die Stimmung unter den Mitarbeiter*innen einzufangen und besser einmal zu viel, als zu wenig zu kommunizieren – denn die Burnout-Gefahr ist durch das Home Office deutlich gestiegen, wie neueste Studien zeigen.“

Symbolbild remote leadership
Remote Leadership verlangt nach mehr Kommunikation, aber auch Vertrauen.

Bei Kapsch BusinessCom hatten die Vorstände schon vor Corona mit Hilfe von Filmteams in Videos Neuigkeiten verkündet, während der Pandemie und den Lockdowns griffen sie zum iPhone: „Wir haben selbst unsere Videos gedreht, um unsere Mitarbeiter*innen auf dem Laufenden zu halten und unsere Arbeit hinter den Kulissen zu zeigen. In Zeiten der physischen Distanz ist es umso wichtiger, menschlicher zu sein“, so Borenich.

3. Büros werden zu Begegnungs- und Kreativzonen

„Unternehmen planen laut Studien, 20 bis 30 Prozent ihrer Büroflächen einzusparen“, sagt Jochen Borenich. Der Trend gehe in Richtung „Smart Spaces“: „Das bedeutet zunehmend eine Abkehr von den Großraumbüros hin zu kleinen Büroeinheiten, in denen fokussiertes Arbeiten möglich ist, und größeren Begegnungs- und Kreativzonen, die Innovation und digitale Zusammenarbeit fördern“, so Borenich. Auch Barbara Stöttinger ortet hier viel Potenzial für Unternehmen: „Die kreative Zusammenarbeit ist die Basis für Innovation. Hier ist es auch Aufgabe der Führungskräfte, entsprechende Freiräume zu schaffen – im Denken wie auch zeitlich und räumlich“, sagt sie.

Bild eines leerem Office
Mit hybridem Arbeiten kommt der Trend zum kleinerem Office und zu Kreativzonen: nicht unbedingt benötigter Platz wird zukünftig eingespart. Foto © CC0 Licence

4. Neue Beziehungsformen: Mensch-Maschine und Maschine-Maschine

Nicht nur die Menschen kommunizieren untereinander zunehmend über digitale und virtuelle Kanäle. Auch die Interaktionen zwischen Mensch und Maschine und Maschinen untereinander wird zum „New Normal“. Dass im B2C-Vertrieb die Kund*innen online shoppen, sei längst Usus, sagt Jochen Borenich. „Aber auch im B2B-Bereich kommen mittlerweile 80 Prozent aller Interaktionen ohne menschlichen Kontakt aus.“ Digitale Touchpoints gibt es somit auch im B2B-Bereich auf allen Kanälen. „Je jünger die Kund*innen auch im B2B-Bereich sind, desto weniger wollen sie echte Verkäufer*innen sehen. Sie machen sich lieber selbst ein Bild über Recherche und Bewertungsplattformen“, so Borenich. Bis 2024 sollen vier Milliarden Geräte miteinander digital vernetzt werden. Auch in der smart factory der Zukunft sind die Maschinen miteinander vernetzt und kommunizieren ohne menschliche Hand miteinander. „Die Maschinen werden auch zunehmend in der Lage sein, sich selbst zu optimieren. Expert*innen füttern sie lediglich mit dem richtigen Wissen und den entsprechenden Daten.“ Digitale Tools wie etwa Smart Glasses werden Daten in Echtzeit per Augmented Reality an die Arbeiter*innen weitergeben. „Industriekonzerne verwandeln sich somit immer stärker in Richtung Wissenskonzerne“, so Borenich.

5. Sicherheit und Effizienz in der IT

Unternehmen jeglicher Branchen sind schier auf beunruhigende Art und Weise von der IT und ihrer Sicherheit abhängig. „Sie benötigen eine sichere, robuste IT-Infrastruktur, um Kollaboration zu ermöglichen.“ Gerade durch die Corona-Pandemie hätten Cyber-Attacken massiv zugenommen: „Im Cyber Defense Center von Kapsch verzeichnen wir eine Verdopplung der Anzahl von Cyberattacken im Vergleich zum Vorjahresbeginn vor der Pandemie“, so Borenich. Auch die Zahl der Anfragen von Unternehmen, die nach einer Cyberattacke Hilfe von der Kapsch BusinessCom bräuchten, habe sich vervierfacht. Borenich rät auch dazu, die digitalen Tools im Unternehmen möglichst integriert einzusetzen und Wildwuchs zu vermeiden.
 

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