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Franz Kühmayer: 6 Leadership-Implikationen aus der Corona-Krise
Vor dem Hintergrund der allgegenwärtigen Corona-Krise wirft Trendforscher Franz Kühmayer einen Blick in die Zukunft von Leadership und fordert Führungskräfte zum radikalen Umdenken auf. Im Rahmen einer hybrid veranstalteten WU EA Lounge im September an der WU Executive Academy erklärte der international gefragte Leadership-Experte, warum Führung nach der Krise unbedingt neu gedacht werden muss und was das für Führungskräfte und Unternehmen in der Praxis konkret bedeutet.
„Wir alle haben mit der Corona-Krise ein ganz klassisches Beispiel von Disruption erlebt.“ Mit diesen Worten eröffnete Franz Kühmayer, Trendforscher und Experte für die „Zukunft der Arbeit“ am Zukunftsinstitut, seinen Vortrag. Das Thema „The Leadership of the Future – for the Future“ sorgte für reges Interesse: Zahlreiche Gäste aus Österreich und diversen europäischen Ländern und sogar aus dem mittleren Osten waren virtuell via Zoom zugeschaltet, die MBA-Teilnehmer*innen der laufenden Module vor Ort in den neuen Hybrid-Unterrichtsräumen.
In seiner Keynote skizzierte Franz Kühmayer sein Bild der aktuellen Corona-Krise und analysierte die 6 wichtigsten Implikationen auf das Thema Führung und Leadership in Unternehmen.
Die Corona-Krise hat nahezu jedes Unternehmen in jeder Branche erfasst – „viele Unternehmen haben ihre Business-Modelle und Arbeitsprozesse in Richtung Digitalisierung verändert. Für andere, wie die Event- und Tourismusbranchen, war Corona der Startpunkt einer tiefen existenziellen Krise“, so Kühmayer. Klar ist: „Mit der Corona-Krise hat sich die Art, wie wir Erfolg sehen, verändert.“ Der Fokus sei vor der Krise auf klassischen Kennzahlen zu Umsatz, Gewinnen und EBIT gelegen, nun rücke er in Richtung Existenzsicherung und Innovation – „als eine Art Funke, der uns zwingt, neu zu denken“.
Franz Kühmayer
Die gesundheitliche Krise kam recht rasch daher, allerdings: Krisen kündigen sich in der Regel mit schwachen Signalen an – wie bei einem Tsunami, dem kleine Erdbeben vorangehen.
In der Wirtschafts- und Arbeitswelt sei der Wandel seit Jahren zu beobachten, etwa durch junge Menschen, die anders, flexibler und mobil arbeiten wollen und andere Erwartungen an Karriere und Jobs hätten. „Unternehmen, die diese Signale gesehen und schon vor Corona remote gearbeitet haben, gehören in der Krise zu den ‚Gewinnern‘.“
Derzeit wird die mögliche zweite Welle im bevorstehenden Winter diskutiert. „Viele hoffen, dass es bald vorbei ist und wir wieder in die Normalität zurückkehren können, die vielleicht etwas digitaler und somit ‚new‘ ist“, sagt der Zukunftsexperte. Allerdings: „Das wird es nicht spielen. Corona wird nicht die einzige Krise unseres Lebens und auch nicht die einzige Disruption in Bezug auf Unternehmensführung und Business sein.“ Allein der Klimawandel werde immer drastischere Fragen aufwerfen. „Das Thema wurde durch Corona aus unserem Radar gekickt, es ist aber nach wie vor existent.“ Derzeit würden wir uns am Rande der ersten Krise befinden, in der beginnenden Phase gehe es um die Lerneffekte aus der Krise und um die Frage, ob wir zurück in ein „besseres“ altes System oder etwas gänzlich Neues schaffen wollen.
Auch Prognosen für die Wirtschaftsentwicklung sind dem Experten zu kurz gegriffen. Wirtschaftsforscher*innen diskutieren über das V-Modell – einen rasanten Absturz mit ebenso rascher Erholung, das U-Modell mit langsamerer Phase des Aufschwungs und dem W-Modell mit diversen Aufs und Abs des Wirtschaftswachstums in den kommenden Monaten. „All diese Modelle sind angesichts der komplexen Realität zu simpel, weil sie nur auf das Wachstum der Wirtschaft fokussieren“, gibt Franz Kühmayer zu bedenken. Alleine die vorherrschende Einstellung und Stimmung in der Gesellschaft zur Corona-Krise würde massiv beeinflussen, wie wir die Zukunft sehen – vom kollektiven Nervenzusammenbruch bis hin zu neuen, innovativen Lösungsansätzen und höherer Resilienz. Ob wir die Krise optimistisch als Chance zu globalem Zusammenhalt sehen oder als Startpunkt der Verschlimmerung gesellschaftlicher Verhältnisse, wirkt sich auf unser Handeln aus. Kühmayer selbst plädiert für Realismus und sowohl die positiven als auch negativen Aspekte genau zu betrachten.
„Wenn Maschinen zu besseren Maschinen werden, müssen wir Menschen zu besseren Menschen werden (If the machines become better machines, we humans must become better humans).“ Der Ruf nach Querdenker*innen ist laut wie nie. „Jedoch müssen wir uns vor dieser Hoffnung auf einzelne Erlöser*innen hüten“, so Kühmayer. Denn auch ein Steve Jobs oder ein Elon Musk würden alleine nichts bewerkstelligen können – der Erlösermythos sei sogar gefährlich. „Wir müssen damit aufhören, bestimmten Führungskräften positive Eigenschaften zuzuschreiben und sie so zu überhöhen.“ Denn auch Persönlichkeiten wie Elon Musk oder Steve Jobs seien nur Menschen, die eben auch Schwächen hätten.
„Ich glaube nicht, dass wir andere Führungskräfte brauchen – wir brauchen ein anderes Führungsverständnis.“ Was bedeute: „Es geht bei Leadership nicht darum, den Regelbetrieb aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen. Diese Art des industriellen Denkens hat uns lange Zeit geprägt, hier müssen wir umdenken.“ Vielmehr bräuchten Unternehmen nun Führungskräfte, die genau diesen Regelbetrieb und dieses konforme Denken „auf produktive Weise erschüttern und Disruption und Innovation in die Unternehmen bringen.“
Wir alle seien noch im alten System sozialisiert worden – für echte Innovationen bräuchten wir eine neue Art, zu denken. Bisher habe das lineare Denken ausgereicht: man hat ein Produkt und will es verbessern, will mehr, höher, schneller weiter. „Das reicht in Zukunft nicht mehr. Führungskräfte müssen exponentiell und disruptiv denken“, so Kühmayer. Dann würde man aus einem gewöhnlichen Kühlschrank keinen smarten Kühlschrank machen, der Bestellungen an Supermärkte aufgibt, sondern: „Dann denkt man die Zukunft ganz ohne Kühlschrank – und die Drohnen von Amazon bringen das kühle Bier.“
Führungskräfte müssen im Zuge des Neu-Denkens auch neue Zukunftsbilder erschaffen – das könnten sie aber nicht alleine. Ihre Kommunikation müsse klar und dabei möglichst divers und vielfältig aufgestellt sein. „Es ist wichtig, lohnende Bilder eines gemeinsamen Morgens zu entwickeln und zu kommunizieren – und zwar zusammen mit den Mitarbeiter*innen und idealerweise auch mit Kund*innen, Lieferant*innen und Geschäftspartner*innen“, sagt Kühmayer. Unternehmen müssen sich die Frage stellen: Wie stellen wir sicher, dass wir in drei, fünf oder zehn Jahren gemeinsam produktiv sein können?“
Statt charismatischer Führungspersönlichkeiten, die medial als Erlöser*innen gehypt würden, müssten Führungskräfte gezielt nach Verbündeten suchen, denn: „Wenn ich mich selbst in die Position begebe, auf eine Erlöserfigur zu hoffen, begebe ich mich in die gegenteilige Position des Ohnmächtigen.“ Die Vorstellung, dass jemand komme und alles allein rette, sei nicht nur unmöglich, sondern auch ungesund.
Klar sei jedenfalls auch: „Die Anforderungen an Führungskräfte nehmen drastisch zu – und das ist ein stückweit auch gerechtfertigt“, so Franz Kühmayer.
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