Überblick
Empfehlungen
Nächste Schritte
Soziale Medien
Status Quo und Chancen von Teilzeit post Corona
In Österreich arbeiten 49,6% der Frauen (im Vergleich: EU Schnitt bei 29,5%) und nur 11,6% (EU Schnitt 9,3%) der Männer in Teilzeit (Statistik Austria 2021) - wenn die Kinder unter 15 Jahren sind, liegt die Teilzeitquote der Frauen bei satten 72,8%. Und sogar bei erwerbstätigen Frauen im Alter von 25 bis 49 Jahren, die keine Kinder oder keine jüngeren Kinder hatten, beträgt die Teilzeit-Quote immer noch 30,9%.
Laut Gesetz: sind Teilzeitbeschäftigte in allen arbeitsrechtlichen Belangen Vollzeitmitarbeiter*innen gleichgestellt und anteilig entsprechend ihrem Arbeitsumfang an Leistungen der Arbeitgeber*innen zu beteiligen. Teilzeitbeschäftigte sind daher auch in Betriebspensionen oder andere freiwillige Leistungen der Arbeitgeber*innen einzubeziehen.
In der Realität: Viele Fraueninitiativen widmen sich dem Thema der Karenzrückkehrerinnen, denn sehr häufig fühlen sich die Frauen, die nicht gleich nach 3-6 Monaten Vollzeit in ihre alte Position zurückkehren, beruflich ins Eck gedrängt – und das, obwohl sich auch viele Konzerne um eine positive Rückkehr und Wiedereingliederung bemühen.
Interessant ist auch eine Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB): in Deutschland arbeiten 14,6 Prozent der weiblichen Führungskräfte Teilzeit (nur 1,2 Prozent bei den Männern), eine Quote die mit der Anzahl der Kinder und mit dem Alter steigt. Besonders selten kommt Teilzeitarbeit auf den Führungsebenen großer Unternehmen und bei Selbstständigen vor. Auch die branchenspezifischen Unterschiede seien beachtlich: Teilzeitmanager*innen seien in Deutschland mit 9,3 Prozent am häufigsten in den Bereichen Bildung, Gesundheit und öffentliche Verwaltung vertreten, im Verarbeitenden Gewerbe mit 1,2 Prozent dagegen die absolute Ausnahme. Der Rechtsanspruch auf einen Teilzeitarbeitsplatz spielt der Analyse zufolge keine signifikante Rolle. Ansprüche würden also weder genutzt noch eingeklagt. Dass Teilzeitarbeit unter Manager*innen wenig verbreitet ist, hängt nach Ansicht der Wissenschaftler*innen vor allem mit informellen Erwartungshaltungen und kulturellen Gepflogenheiten zusammen.
Vor der Pandemie galten zeitliche und örtliche Flexibilität in Österreich als hohes Gut, und dieser Benefit wurde oft im Austausch gegen ein niedrigeres Gehalt akzeptiert. Und unterschwellig war da immer die Sorge vieler Arbeitgeber*innen, die Mitarbeiter*innen würden zuhause eine weniger hochwertige Arbeitsleistung abliefern.
Während der Pandemie hatte die US-Karriereplattform Blind eine aberwitzige Umfrage in gestartet, wer lieber 30.000 U$ mehr verdienen möchte, oder weiter von zuhause arbeiten will. In meinen Augen eine unzulässige Frage, denn schließlich hängt der Marktwert eines Jobs nicht davon ab, ob ich ihn zuhause erledige oder nicht. Wo ich meine Tätigkeit mache, verändert nicht die Verantwortung und den Einfluss, den ich im Job ausübe – und hat folglich auch keine Relevanz für meinen Marktwert (solange ich im selben Land bleibe).
Covid-19 hat viele Unternehmen gezwungen, ihre Arbeitsabläufe stärker zu digitalisieren und Vertrauen in die Mitarbeiter*innen zu setzen, die von heute auf morgen ausschließlich im Homeoffice arbeiten mussten.
Und genau dieses Vertrauen, das sich an der erbrachten Leistung orientiert und nicht auf die Präsenzkultur stützt, könnte ein erster Schritt sein in Richtung Normalisierung der Teilzeit. Cawa Younosi, Konzern-Personalchef bei SAP Deutschland mit rund 25.000 Beschäftigten, macht es vor: „Bei den meisten SAP-Mitarbeiter*innen spielt es keine Rolle, von wo aus sie arbeiten. Wenn es die Tätigkeit nicht zwingend verlangt, an einem bestimmten Ort präsent zu sein, haben die Mitarbeiter*innen bei der Wahl ihres Standorts alle Freiheiten“.
Im Gegenzug wird auch die eine oder andere Verfechter*in von Teilzeit überlegen, ob sie mit der neu gewonnenen Flexibilität nicht ihr Stundenkontingent aufstockt, denn wer sagt denn, dass man seine Reports nicht auch abends schreiben darf.
Deutlich ist der neueste Teilzeit-Trend, den Arbeitgeber*innen nicht mehr ignorieren können:
65 Prozent der Führungskräfte wären bereit, ihre Position zu teilen, heißt es in der neuen Studie "Duale Führung" von ABZ Austria, PwC und der Industriellenvereinigung (11-22). Geteilte Managementaufgaben sorgen für eine verbesserte Work -Life-Integration und mehr Zufriedenheit am Arbeitsplatz.
Und was haben Arbeitgeber*innen davon: eine umfassendere Sichtweise auf ein Thema und dadurch bessere Entscheidungen, eine objektivere Einschätzung der Mitarbeitenden und höhere Arbeitgeber*innenattraktivität, was durchaus zu besseren Marktchancen führen kann.
* Das Meinungsforschungsinstitut Integral befragte 2021 im Auftrag des Katholischen Familienverbands 1500 Teilzeitbeschäftigte
Schließen Sie sich 15.000+ Abonnent*innen an und erhalten Sie regelmäßige Updates zu Führungs- und Managementthemen. Lernen Sie jedes Mal etwas Neues.