Teilzeit und Gehalt – ein Fakten-Check zum International Women’s Day

01. März 2023

Status Quo und Chancen von Teilzeit post Corona

Wieviele Personen in Österreich arbeiten in Teilzeit-Jobs und welche Unterschiede bei den Geschlechtern gibt es? Foto © shutterstock – Design Mia - eine Uhr, deren unteres linkes Viertel abgetrennt wurde
Wieviele Personen in Österreich arbeiten in Teilzeit-Jobs und welche Unterschiede bei den Geschlechtern gibt es? Foto © shutterstock – Design Mia

In Österreich arbeiten 49,6% der Frauen (im Vergleich: EU Schnitt bei 29,5%) und nur 11,6% (EU Schnitt 9,3%) der Männer in Teilzeit (Statistik Austria 2021) - wenn die Kinder unter 15 Jahren sind, liegt die Teilzeitquote der Frauen bei satten 72,8%. Und sogar bei erwerbstätigen Frauen im Alter von 25 bis 49 Jahren, die keine Kinder oder keine jüngeren Kinder hatten, beträgt die Teilzeit-Quote immer noch 30,9%.

Was sind die häufigsten Gründe für Teilzeit:

  • Mangel an Kinderkrippen und Kinderbetreuungseinrichtungen – vor allem am Land
  • Traditionelles Rollenverständnis – nur „Rabenmütter“ arbeiten Vollzeit
  • Manche Tätigkeiten im Frauen-dominierten Niedriglohnsektor werden eher Teilzeit angeboten und es arbeiten immerhin 17% aller erwerbstätigen Frauen (gegenüber nur 6% aller berufstätigen Männer) im Niedriglohnbereich
  • Könnte das steuerfreie Jahreseinkommen bis EUR 11.000 manche Menschen abhalten, mehr zu verdienen? Dazu gibt es noch keine eindeutigen Statistiken
  • Und – sehr überraschende Ergebnisse einer ähnlichen Studie*:74% verzichten bewusst auf eine Aufstockung der Stunden, um mehr Zeit mit ihren Kindern zu verbringen oder eine bessere Work-Life Balance zu haben

Was sind die Folgen im Job:

Laut Gesetz: sind Teilzeitbeschäftigte in allen arbeitsrechtlichen Belangen Vollzeitmitarbeiter*innen gleichgestellt und anteilig entsprechend ihrem Arbeitsumfang an Leistungen der Arbeitgeber*innen zu beteiligen. Teilzeitbeschäftigte sind daher auch in Betriebspensionen oder andere freiwillige Leistungen der Arbeitgeber*innen einzubeziehen.

Dem Gesetz nach sind Arbeitnehmer*innen in Teilzeit nicht benachteiligt, doch wie sieht es in der Realität aus? Foto © shutterstock – Production Perig - eine offene Hand über der eine Waage als Hologram schwebt
Dem Gesetz nach sind Arbeitnehmer*innen in Teilzeit nicht benachteiligt, doch wie sieht es in der Realität aus? Foto © shutterstock – Production Perig

In der Realität: Viele Fraueninitiativen widmen sich dem Thema der Karenzrückkehrerinnen, denn sehr häufig fühlen sich die Frauen, die nicht gleich nach 3-6 Monaten Vollzeit in ihre alte Position zurückkehren, beruflich ins Eck gedrängt – und das, obwohl sich auch viele Konzerne um eine positive Rückkehr und Wiedereingliederung bemühen.

  • Viele berichten, es fange schon damit an, dass sie bei der Bonusvergabe im Jahr des Mutterschutzes schlichtweg vergessen würden, obwohl ihnen bei entsprechender Leistung natürlich aliquot ein Bonus zustünde.
  • Kaum teilten sie die Schwangerschaft mit, gehe eine Art unsichtbarer Schranken herunter und sie seien von Beförderungen ausgeschlossen
  • Bei Rückkehr biete man ihnen firmenintern oft Jobs deutlich unter ihrem bisherigen Level an, als seien ihre Kompetenzen auf der Strecke geblieben.

Managerinnen in Teilzeit

Interessant ist auch eine Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB): in Deutschland arbeiten 14,6 Prozent der weiblichen Führungskräfte Teilzeit (nur 1,2 Prozent bei den Männern), eine Quote die mit der Anzahl der Kinder und mit dem Alter steigt. Besonders selten kommt Teilzeitarbeit auf den Führungsebenen großer Unternehmen und bei Selbstständigen vor. Auch die branchenspezifischen Unterschiede seien beachtlich: Teilzeitmanager*innen seien in Deutschland mit 9,3 Prozent am häufigsten in den Bereichen Bildung, Gesundheit und öffentliche Verwaltung vertreten, im Verarbeitenden Gewerbe mit 1,2 Prozent dagegen die absolute Ausnahme. Der Rechtsanspruch auf einen Teilzeitarbeitsplatz spielt der Analyse zufolge keine signifikante Rolle. Ansprüche würden also weder genutzt noch eingeklagt. Dass Teilzeitarbeit unter Manager*innen wenig verbreitet ist, hängt nach Ansicht der Wissenschaftler*innen vor allem mit informellen Erwartungshaltungen und kulturellen Gepflogenheiten zusammen.

Fazit: fast jede zweite Frau arbeitet in Teilzeit und ein hoher Prozentsatz unter ihnen fühlt sich beruflich ‚ins Eck‘ gestellt.

In Führungspositionen ist Teilzeitarbeit selten – bei Frauen jedoch scheinbar häufiger als bei Männern. Foto © shutterstock – Monkey Business Images - Eine Frau steht am Kopf eines Besprechungstisches und gibt sitzenden Personen Anweisungen
In Führungspositionen ist Teilzeitarbeit selten – bei Frauen jedoch scheinbar häufiger als bei Männern. Foto © shutterstock – Monkey Business Images

Welche Chancen könnten sich Post-Covid im Job für Teilzeit-Beschäftigte ergeben?

Flexibilität - Benefit oder Realität?

Vor der Pandemie galten zeitliche und örtliche Flexibilität in Österreich als hohes Gut, und dieser Benefit wurde oft im Austausch gegen ein niedrigeres Gehalt akzeptiert. Und unterschwellig war da immer die Sorge vieler Arbeitgeber*innen, die Mitarbeiter*innen würden zuhause eine weniger hochwertige Arbeitsleistung abliefern.

Während der Pandemie hatte die US-Karriereplattform Blind eine aberwitzige Umfrage in gestartet, wer lieber 30.000 U$ mehr verdienen möchte, oder weiter von zuhause arbeiten will. In meinen Augen eine unzulässige Frage, denn schließlich hängt der Marktwert eines Jobs nicht davon ab, ob ich ihn zuhause erledige oder nicht. Wo ich meine Tätigkeit mache, verändert nicht die Verantwortung und den Einfluss, den ich im Job ausübe – und hat folglich auch keine Relevanz für meinen Marktwert (solange ich im selben Land bleibe).

Vertrauen und Leistung statt Präsenzkultur

Covid-19 hat viele Unternehmen gezwungen, ihre Arbeitsabläufe stärker zu digitalisieren und Vertrauen in die Mitarbeiter*innen zu setzen, die von heute auf morgen ausschließlich im Homeoffice arbeiten mussten.

Und genau dieses Vertrauen, das sich an der erbrachten Leistung orientiert und nicht auf die Präsenzkultur stützt, könnte ein erster Schritt sein in Richtung Normalisierung der Teilzeit. Cawa Younosi, Konzern-Personalchef bei SAP Deutschland mit rund 25.000 Beschäftigten, macht es vor: „Bei den meisten SAP-Mitarbeiter*innen spielt es keine Rolle, von wo aus sie arbeiten. Wenn es die Tätigkeit nicht zwingend verlangt, an einem bestimmten Ort präsent zu sein, haben die Mitarbeiter*innen bei der Wahl ihres Standorts alle Freiheiten“.

  • Sobald Unternehmen klare Leistungs-Kriterien aufstellen und transparente Spielregeln für die zeitliche und örtliche Flexibilität einführen, wiegt das Argument, ob ich 20, 30 oder 40 Stunden im Bürogebäude sitze, nicht mehr so schwer.
  • Und wenn Leistung und klare Richtlinien der entscheidende Maßstab für erfolgreiches Arbeiten sind, dann dürfte es den Arbeitgeber*innen nicht schwerfallen, Teilzeit-Führungskräfte und Job-Sharing zumindest pilothaft zuzulassen.

Im Gegenzug wird auch die eine oder andere Verfechter*in von Teilzeit überlegen, ob sie mit der neu gewonnenen Flexibilität nicht ihr Stundenkontingent aufstockt, denn wer sagt denn, dass man seine Reports nicht auch abends schreiben darf.

Hoffnungsschimmer

Deutlich ist der neueste Teilzeit-Trend, den Arbeitgeber*innen nicht mehr ignorieren können:

65 Prozent der Führungskräfte wären bereit, ihre Position zu teilen, heißt es in der neuen Studie "Duale Führung" von ABZ Austria, PwC und der Industriellenvereinigung (11-22). Geteilte Managementaufgaben sorgen für eine verbesserte Work -Life-Integration und mehr Zufriedenheit am Arbeitsplatz.

Und was haben Arbeitgeber*innen davon: eine umfassendere Sichtweise auf ein Thema und dadurch bessere Entscheidungen, eine objektivere Einschätzung der Mitarbeitenden und höhere Arbeitgeber*innenattraktivität, was durchaus zu besseren Marktchancen führen kann.

* Das Meinungsforschungsinstitut Integral befragte 2021 im Auftrag des Katholischen Familienverbands 1500 Teilzeitbeschäftigte

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